Coppers Racheplan

Es gab viel zu erzählen an diesem Abend. Jane, Averys Mutter, war alles andere als begeistert, als sie den Erzählungen von Jenny, Liza und Avery lauschte. Wie leicht hätte dieses Abenteuer auch schief gehen können. Nach dem Essen musste sich Jenny Holmes noch eine deftige Standpauke anhören und musste ihrer Schwester schwören, Avery demnächst aus solchen Unternehmungen raus zu lassen.

John Copper, auf den Niemand mehr nur einen Blick geworfen hatte, rappelte sich, nachdem alle die Hütte verlassen hatten, langsam wieder auf. Es hatte ihn böse erwischt und er blutete stark und wusste nicht, ob er es noch bis nach Hause zu seiner Farm schaffen würde. Doch der Hass, der in ihm keimte, war stärker als der Tod. Seine Leute hatten den Überall auf Lizas Hütte nicht überlebt, reglos lagen sie am Boden. Sie hatten mit ihren Leben bezahlen müssen. Copper schleppte sich zu seinem Pferd und schaffte es soeben noch sich in den Sattel zu hieven. Er lag mehr auf dem Rücken seines Pferdes, als er saß und doch brachte er es fertig nicht herunter zu fallen und dort elendig zu verrecken. Er wusste wenn er es schafft seine Farm zu erreichen würde seine Rache furchtbar sein.

 

Unterdessen ging das Leben auf dem Anwesen von Jenny´s Schwester weiter. Auf den Feldern wurde Baumwolle gepflückt und Avery und Joshua trafen sich wieder an ihrem Baum wo sie oft saßen und über ihre Zukunft sprachen. Dabei sahen sie dem emsigen Treiben auf den Feldern zu. Joshua war klar, dass das nicht seine Zukunft war und sprach oft darüber wie es wohl wäre ein freier Mensch zu sein. Das man leben konnte wo und wie man wollte. Avery schaute ihn dabei lächelnd an und würde ihm dabei helfen so gut sie konnte. Aber die beiden wussten auch, dass es ein schwerer Weg werden würde. Denn selbst wenn ihr Vater es wollte, so einfach war es nicht ihm die Freiheit zu schenken.

 

Er hatte es tatsächlich geschafft, nur noch über diesen Hügel dann konnte er seine Farm schon sehen. Jetzt bloß nicht aufgeben, dachte Copper, das Ziel ist greifbar nahe. Langsam trabte sein Pferd auf sein Anwesen zu und blieb vor dem Portal des Hauses stehen. Dann verließen ihn die Kräfte und er rutschte mit einem lauten Stöhnen vom Pferd. Sein Verwalter, der ihn als erstes bemerkte, rannte sofort zu ihm rüber und gab einigen der Angestellten Anweisungen ihn vorsichtig ins Haus zu tragen. John Copper war ohne Bewusstsein. Zu viel Blut hatte er verloren doch er war ein zäher Knochen und wollte dem Sensenmann ein Schnippchen schlagen. Schnell schickte man einen der Sklaven zum Doc in die Stadt, dass er sich eiligst um ihn kümmere. Der Arzt zögerte nicht lange und stieg in die Kutsche. Wie ein Irrer raste er zur Farm von John Copper um zu sehen, ob es noch Hilfe für ihn gab. Man hatte ihn in der Wohnstube auf den Tisch gelegt und sofort begann der Doc damit die Kugel aus seinem Körper zu entfernen. Es dauerte fast zwei Stunden, dann hatte er die Kugel in der Hand.

„Er hatte richtig Schweingehabt, denn einen Zentimeter weiter und die Kugel hätte sein Herz getroffen.", sagte der Arzt erleichtert.

Die Wunde wurde verbunden und Copper bekam Bettruhe verordnet. Fast einen Monat lag er dort dann begann es ihm besser zu gehen. Er hatte lange Zeit gehabt um seinen Racheplan zu schmieden, nun sollte es bald soweit sein.

 

Avery ging, wie so oft, zu dem alten Baum, der alleine auf einer kleinen Anhöhe stand, setzte sich nieder und wartete auf Joshua. Eigentlich wie jeden Tag und doch sollte sich schon bald alles für sie ändern. Sie saß im Schatten des großen knorrigen Baumes der ihr genügend Schatten gegen die unerträgliche Hitze gab. Sie schloss die Augen und lauschte wie der Wind sanft durch die Blätter wehte. Sie liebte dieses Geräusch und genoss es jedes Mal. Da Joshua noch auf den Feldern war, beschloss sie ein wenig zu schlafen. Das Rauschen der Blätter und die schwüle Luft halfen ihr dabei.

 

John Copper, der wieder völlig genesen war, wollte endlich seinen Racheplan in die Tat umsetzen. Als er mit seinem Pferd einen Ausritt machte, sah er wie Avery an einem Baum lehnte und allem Anschein nach schlief. Das war der Moment auf den er gewartet hatte. Er sprang vom Pferd und lief leise die kleine Anhöhe hinauf, wo Avery nichts ahnend schlief. Er holte ein Tuch aus seiner Hosentasche und sprang blitzschnell auf sie zu. Bevor sie reagieren konnte schlug der Kerl sie mit einem Fausthieb nieder, knebelte sie mit dem Tuch und warf sich ihren Körper über seine Schulter. Er war gerade dabei zu seinem Pferd zu gehen, als er eine Stimme hörte.

„Lassen sie Miss Avery sofort los!"

Es war die Stimme von Joshua, der  gerade von seiner Feldarbeit kam um sich mit ihr wie immer zu treffen.

„Was willst du Nigger?", fuhr ihn Copper an.

„Ich habe eine Waffe auf sie gerichtet.", sprach Joshua mit zitternder Stimme.

Natürlich hatte er keine Waffe, aber wie sonst hätte er ihr jetzt helfen können? 

„Schon gut, Nigger, ich lasse sie jetzt langsam zu Boden gleiten und jeder geht seines Weges.", sagte Copper mit einem höhnischen Grinsen im Gesicht.

„Ok, so machen wir es, aber keine falsche Bewegung, sonst drücke ich ab!", stotterte Joshua.

Copper legte Avery sanft zu Boden und griff unbemerkt von Joshua an sein Hosenbein. Blitzschnell zog er ein Messer, drehte sich und warf es in seine Richtung. Joshua riss erstaunt seine Augen weit auf und blickte nach unten, wo in seiner Brust ein Messer steckte. Seine beiden Hände umklammerten den Griff der Waffe, Blut rann aus seinem Mundwinkel, dann sackte er stöhnend zusammen. 

„Goodbye Schwarzer Hund.", zischte Copper, schnappte sich die immer noch bewusstlose Avery ,legte sie aufs Pferd und ritt wie der Teufel davon.

Joshua erwachte aus seiner tiefen Ohnmacht. Er lag in einer riesigen Blutlache. Er versuchte krampfhaft auf die Beine zu kommen und nach einiger Zeit gelang es ihm auch. Mühevoll schleppte er sich zum Anwesen  ihrer Eltern, dann wurde ihm schwarz vor Augen, doch er wollte, ja, er musste es schaffen. Sollten doch alle wissen, was mit Avery geschehen ist. Da, endlich die Baracken der Sklaven, gleich hatte er es geschafft. Er taumelte auf sie zu und die dicke Köchin Bertha erblickte ihn als Erste. Schnell lief sie auf ihn zu und rasch kamen aus den Hütten die Anderen, um zu sehen was passiert sei. Einer der Sklaven rannte zum Haus der Familie um sie zu informieren. Als Jenny Holmes und die Anderen eintrafen, stand Bertha vor der Türe ihrer Küche und schüttelte wortlos den Kopf. Joshua hatte es mit letzter Kraft nach Hause geschafft, doch der Tod war stärker als er. Kaum hörbar erzählte er Bertha was geschehen war bevor er seine Augen für immer schloss.