In den letzten Wochen hatte ich leider immer wieder eine Begebenheit, bei der sich mir genau diese Frage aufdrängte: „Wird die Welt wirklich immer blöder?"

Wer sich in den gängigen freien Chats tummelte wird nun vielleicht sagen, dass das schon immer so war und in der Tat sind Trolle kein neues Phänomen, aber es verlagert sich langsam. Ein paar Beispiele möchte ich hier nennen.

Bei Amazon gibt es seit geraumer Zeit die Möglichkeit eBooks zu melden. Eigentlich sollte diese Funktion dafür da sein, bestimmte Inhalte, die normal nicht zulässig wären und dennoch durch das Filtersystem rutschten zu melden. Aber diese Funktion war erst noch recht unbekannt, wurde sie auch nicht explizit beworben. Sobald sie aber an Bekanntheit gewann, wurde sie zunehmend immer mehr benutzt und nicht im Sinne des Erfinders. So wurden beispielsweise eBooks gemeldet und bis zur Nachbesserung aus dem Verkauf genommen, weil sich zwei simple Tippfehler im Text fanden. Spätestens hier fragte ich mich, ob es sich um eine Art gelangweilter Rentner 2.0 handelt, der keine Falschparker aufschreibt, sondern arglose Autoren denunziert.

Einerseits befürworte ich so eine Art Feinfilterfunktion, andererseits ist mir klar, dass diese schnell missbraucht werden kann. Unliebsamen Konkurrenten kann man so Verkäufe unterbinden. Man muss nur kleinste Fehler finden und melden und schon schadet man dem Feind. Denkt nicht, dass es solche Aktionen nicht gibt. Es gab schon hinterhältige Versuche via Amazonrezension ein Buch, welches im selben Wettbewerb stand, schlecht zu machen. Was das allerdings für den Ausgang des Wettbewerbs zu tun haben sollte? Keine Ahnung, aber es zeigt, dass die Welt wohl doch immer blöder wird.

Ein anderes Beispiel ist ein Bildbearbeiter älteren Jahrgangs, der sich in über 100 Videotutorials abarbeitete und versuchte den Leuten einen Umgang mit einer Bildbearbeitungssoftware beizubringen. Klar, ist das Aufwand und ich persönlich gönne ihm seine Einnahmen. Aber seit der Impressumspflicht, vor allem bei monetarisierten Beiträgen, hatte er die Schattenseiten daran erkennen müssen. Obwohl er deutlich darauf hinwies, dass der im Impressum angegebene Kontakt nicht für An- und Nachfragen bezüglich seiner Anleitungen sei, klingelte ständig sein Telefon. Mit eben genau diesen Anfragen. Und wenn er das dann ablehnte, wurde er zudem auch noch beschimpft. Große Ausnahme? Mitnichten! Jahrelang lief das ganz locker bis auch hier eine Meldefunktion ihm zum Verhängnis wurde. Immer mehr meldeten seinen Kanal bei Youtube, die dann erstmal den Kanal sperrten. Einen wirklichen Verstoss konnte man zwar nicht erkennen und gab den Kanal wieder frei, aber nur bis eine erneute Meldewelle wieder zur temporären Sperre führte. Dadurch bedingt wanderten Abonnenten ab, wodurch auch die Werbung weniger wurde und der Kanal langsam aber sicher ausstarb. Kaum war der Kanal wieder on, da der Mann sich nichts zu schulden kommen ließ, war der Schaden aber dennoch groß. Ein erneuter Anfang sollte es dann richten, aber es waren mittlerweile zu wenige da, als dass es sich noch lohnen würde. Er fand sich zu alt, er hat eigentlich alles gemacht und so entschied er sich enttäuscht von der Welt dazu, sein Tun aufzugeben. In einer letzten Videobotschaft verabschiedete er sich deutlich geknickt, aber er wollte die letzten 8 Jahre nicht wegwerfen. Den Kanal beließ er, seine über 100 Tutorials sind also nicht verloren, sondern eher Allgemeingut geworden, die Monetarisierung abgestellt, damit er kein Impressum mehr führen muss und ging in den wohlverdienten Ruhestand.

Tja, so kann man ein Engagement auch zunichte machen, indem man es kaputt meldet und allen zu schaden versucht. Die Welt wird doch immer blöder.

Das sind nur zwei Beispiele, die mir neulich widerfuhren und die ich wirklich nur kopfschüttelnd bestaunen kann. Ist es den Menschen wirklich so langweilig, dass sie sich mit solchen Aktionen beschäftigen? Haben sie wirklich so eine Freude daran, anderen zu schaden? Zumal kein wirklicher Konkurrenzdruck zu erkennen wäre. Aber hier dreht man sich im Kreis. Welchen Nutzen hat ein Troll davon in Chats rumzupesten?

Eigentlich ist das Internet eine tolle Idee. Man kann sich ratzfatz Wissen aneignen und binnen Sekunden mit Menschen auf der ganzen Welt interagieren, sich über seine Interessen austauschen, gemeinsam aktiv sein, egal wo man ist. Für mich persönlich ist das heute noch ein wahres Wunderwerk und ein Füllhorn voller Möglichkeiten. Nur leider wird es nicht in diesem Sinne genutzt. Tim Berners-Lee, einer der geistigen Väter des Internets, zeigte sich kürzlich schockiert über den Zustand dieses Netzwerks. Und ich stimme ihm langsam darin zu, dass das als dezentrales Organ gedachte freie Netzwerk (auch wenn das glatt gelogen ist, denn im Kern ist es immer noch ein Organ des US-amerikanischen Militärs) langsam immer mehr Kontrolle braucht, weil es sich sonst in einem beinahe anarchischen Strudel verliert. Schaut man aber über den digitalen Tellerrand hinaus und betrachtet sich die Welt und welche Knalltüten an den Hebeln der Macht sitzen, dann kann man eigentlich nur zu einem Schluss kommen: DIE WELT WIRD IMMER BLÖDER!