Das Wochenende war ein großes „Helau".
Fastnacht… und mehr Fastnacht… und irgendwie auch noch mehr Fastnacht.
Los ging es am Samstag. Wobei ich hier nicht wirklich damit gerechnet habe, doch noch zum Einsatz bei der Sitzung zu kommen. Man hatte sich seit Oktober nicht mehr bei mir gemeldet, also dachte ich am Freitagabend: „Schade, aber okay, dann mach es mir in Worms gemütlich."
Ich sitze also samstags im Bus nach Worms, lese und amüsiere mich prächtig über die „Mitternachtsbibliothek". Und freue mich darauf, gleich durch die Fußgängerzone zu schlendern, in der „Kaiserpassage" einzukaufen, mir die Wochenwelten bei „Tchibo" und „Rossmann" anzusehen und natürlich der obligatorische Abstecher in den „Thalia" muss auch sein. Vielleicht noch ein Besuch im „Adami", eine Eisschokolade? Oder doch ein Pfefferminztee? Zur Feier des Tages gönne ich mir vielleicht sogar einen schicken Eisbecher. So dachte ich jedenfalls…
Da klingelt mein Mobilphone im Bus. Was ich echt nicht mag. Ich drücke weg. Einmal, zweimal, dreimal, viermal. Beim fünften Mal gehe ich genervt dran. Papa am Hörer: „Die holen dich zwischen 17 Uhr und 17 Uhr 15 ab zur Fastnachtssitzung?" … Was mache ich? Ich fahre die paar Meter bis zum Hauptbahnhof mit. Steige aus. Und steige keine Minute nach meinem Ausstieg am Busbahnhof in den nächsten Bus Richtung Heimat wieder ein.
Kurzzeitig fluchte ich innerlich wie ein Rohrspatz.
Ich hatte mir weder etwas für die Fastnacht herausgesucht – noch irgendwelche großen Vorbereitungen getroffen. Nur gut, dass das Foto normalerweise immer sauber ist und die Akkus geladen.
Um 17 Uhr holte mich die Tochter des 1. oder 2. Vorsitzenden ab. „A", eine junge Frau in ihren Zwanzigern. Höflich und nett. Wir fanden sofort Gesprächsthemen, nachdem wir uns miteinander bekannt gemacht hatten. Sport – sie ist leidenschaftliche Tänzerin in einer Showtanzgruppe und ich bin eben ich, mit meinen Sportgruppen und ebenso ausgeprägter Vereinsliebe wie sie. Das war die angenehmste Autofahrt seit Ewigkeiten. Es war warm, gemütlich, und die Musik sowie der Plausch im Auto waren einfach nett.
Das Miteinander machte mir mehr Freude als die Veranstaltung selbst.
Die Redner waren größtenteils lustig, aber offenbar habe ich in der Vergangenheit zu viele Fastnachtssitzungen gesehen. Mehr als 50 % der Witze habe ich mir eingebildet, schon mal so oder zumindest ähnlich gehört zu haben.
Die Tanzgruppen waren einfallsreich, die Kostüme verschwenderisch. Die eine Showtanzgruppe zeigte „Aladin" als Tanzdarbietung, die andere zeichnete in ihrem Tanz den Schulweg nach. Dann gab es noch ein Männerballett, das wirklich sehr ulkig anzusehen war – als „Top Gun-Piloten" trampelten sie über die Bühne.
Was hier stimmte, war dieses „Friede, Freude, Eierkuchen"-Gefühl – wir sind alle zusammen, ein Team.
Auch das Publikum war gut aufgelegt, wenn auch nicht ganz so enthusiastisch wie ich das schon bei anderen Sitzungen, bei denen die Beifallsbekundungen weitaus kräftiger ausgefallen sind, erlebt hatte.
Aber hier verweigerte niemand ein Foto. Nicht einer? … Nicht einer oder eine!
Es gab Gruppenfotos, Einzelfotos und natürlich auch Veranstaltungsfotos. Sich über sieben Stunden so wohl zu fühlen in einem fremden Umfeld, ist keineswegs selbstverständlich.
Um kurz vor zwei Uhr am Sonntagmorgen fuhr mich „A" heim. Erneut plauderten wir über Sport und sogar etwas über Politik.
Irgendwie beruhigt es mich, auch wenn ich weiß, dass es anders kommen wird, dass zumindest mir gegenüber zugesichert wird: „Wir wählen nicht in der Schlumpf-Farbe."
Eigentlich wollte Papa für mich beim Fastnachtsverein einspringen, damit ich die Kinderfastnacht für unseren Verein fotografieren konnte. Aber Vater, der einfach nicht fit ist und der Kälte ausgesetzt wäre – erst recht nicht in seinem Alter – konnte und wollte ich das nicht zumuten.
So fotografierte ich einen großen Umzug und kam mit einer Stunde Verspätung zur Kinderfastnacht.
Der Umzug war für mich ein großes „Hallo" sagen. Viele der Teilnehmer kenne ich seit mehr als einem Jahrzehnt. Auch neue Bekanntschaften wurden gemacht. Gruppe für Gruppe wurde abgelichtet.
Dann begann der Umzug. Dank meines neuen Objektivs kann ich nun auch wieder aus mehreren Metern Entfernung gestochen scharfe Bilder schießen. Für unsere Region war das schon ein größerer Umzug. Mit Teilnehmern wie Footballern, Cheerleadern, Rennfahrern, Prinzenpaaren, Tanzgruppen, Fahnenschwenkern und so weiter. Eine wunderschöne Kostümvielfalt gab es zu bestaunen. Auch die Wägen kamen deutlich lebendiger daher, als nur „Utz-Utz-Musik" und „wir saufen bis zum Umfallen, und die Zuschauer interessieren uns eigentlich nicht." - Toll!
Die Kinderfastnacht mit deren Organisation ich absolut nichts zu tun hatte, kann man nur loben.
Der Vereinsnachwuchs, der die Spielstationen übernahm, tat dies mit einer Begeisterung und einem Wohlwollen, das nicht nur mir, sondern auch anderen langjährigen Helfern warm ums Herz wurde.
Auch hier stimmte das Miteinander. Ich fand auch die Idee des Kleinkinderbereichs hervorragend.
Bei den Kids überwiegen Drachenkostüme, Feen, Ritter, Prinzessinnen, Feuerwehrmänner und Piraten. Der „Indianer" schien komplett ausgestorben, und der gute alte Cowboy war auf der Fastnacht mit einer Ausnahme auch nicht mehr vertreten.
Zorro, wie ich es gerne in Grundschulzeiten war, kennen wohl die Kids von heute gar nicht mehr? Alles hat eben seine Zeit.
Das Aufräumen war eine bemerkenswert schnelle Sache. Innerhalb einer knappen Stunde, dank vieler fleißiger Hände, waren wir durch. Vorm Tische wegtragen und Stühle stapeln drückte ich mich.
Ich kümmerte mich gemeinsam mit flink arbeitenden Menschen um Hallenböden, das Auskehren der Kabinen und das Wegbringen des Mülls und der Sachen aus dem Kleinkinderbereich.
Auch wenn ich einige „Helferlein" dazu „verdonnerte", weil der Geräteraum nicht ordentlich eingeräumt worden war – da halfen sie mir eine halbe Stunde lang beim Aufräumen. Sonst hätten wir nämlich von der Hallenwartin einen ordentlichen „Rüffel" bekommen.
Am Sonntagabend war ich sehr zufrieden. Mit den Menschen, ob als Teilnehmer, Zuschauer oder Helfer, und auch mit mir.
Das war ein anstrengendes Wochenende – dennoch überwogen Vorfreude und Lust, ein Teil dieser Fastnachtsveranstaltungen zu sein.
Danke und Helau!
Passt gut auf euch auf und seid nett zueinander, wer immer ihr auch seid!?