Von John Baker Sander auf Freitag, 13. Dezember 2024
Kategorie: Öffentlich

„Ein Weihnachts-Geldsack wie Scrooge“

Ein wenig geschockt bin ich über mich selbst.
Die Vorweihnachtsstimmung kam mir in den Sinn, als ich feststellte, dass überraschend früh ein kleines Weihnachtsgeld auf meinem Konto eingegangen war. Kein schöner Song, keine festliche Umgebung, keine stimmungsvolle Feier. Nein, der schnöde Mammon war es, der in diesem Jahr als Erster ein wärmendes Weihnachtsgefühl in mir auslöste. Sympathisch ist das nicht, auch nicht das, was ich mir für mich selbst gewünscht hätte. Und doch, nach dem Blick aufs Konto, spürte ich, wie ein stärker aufkeimendes Weihnachtsgemüt in mir erwachte.

Der Weihnachtsmarkt, die hübsch dekorierten Schaufenster und alles, was nur im Entferntesten mit dem großen Fest der Nächstenliebe zu tun hatte, wirkte plötzlich heller und strahlender. So „Scrooge" und materiell bin ich eigentlich nicht. Oder zumindest nicht mehr, denke ich, wie andere Menschen auch.



„F" war gutgelaunt, sehr munter – auch während des Fotografierens verhielt sie sich völlig entspannt.

Eine Viertelstunde zu spät erschien sie zu unserer Verabredung.

Wie „F" die Welt sieht, ist für mich teils wirklich phänomenal, teils katastrophal. Darüber werde ich noch ernsthafter nachdenken müssen. Wahrscheinlich ist es ein interessanter Mix aus Beidem.

„Oh, die Heizung geht jetzt, läuft rund um die Uhr, kann man nicht ausmachen. Macht aber nichts! Zahle ich halt nach. War letztes Jahr auch schon so."
Ich fragte nach, ob sie das Problem nicht mal dem Hausmeister gemeldet hätte.
„Der sagt, der Schalter ist kaputt, geht nicht auszustellen. Wenn er es kann, kommt er und repariert."
Eine Aussage, die bei mir inneres Unwohlsein auslöste.

Im Anschluss widmeten wir uns dem Fotografieren.
Mittlerweile werde ich von den anderen Bewohnern gefragt, wenn ich auf dem Mietshaushof stehe, ob ich nun in Richtung Hauseingang oder Stadt laufe: „Ah, fotografiert ihr wieder?"
Ich bejahe, und ein wissendes, beißendes Lächeln als Antwort der Hausbewohner folgt.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass „F" bereits einige ihrer Nachbarn und Mitbewohner zum Dienst am Fotoapparat bzw. Handy zwangsverpflichtet hat.

Mit Tipps für „F" halte ich mich beim Fotografieren zurück. Sie will einfach nicht einsehen, dass man bei einem Shooting vielleicht auch mal mehr als nur drei Bilder von einer Pose machen sollte.
Ihre (fast) einleuchtende Begründung: „Handy ist schnell voll. Mit der Kamera werden Bilder sowieso immer gut."

Das mag jetzt etwas schwerfällig klingen, was ich hier über „F" berichte.
Aber das ändert absolut nichts daran, dass ich sie als Mensch und ihre Art wirklich gerne mag.

Mittlerweile bin ich mir sicher, dass sie in ihren höheren 50ern Lebensjahren zu verordnen ist.
Die größte Qualität von „F" ist wohl dieses Sonnenscheingemüt und ihr aufgeblähtes Selbstvertrauen.
Selbst wenn sie durch Zahnschmerzen eine dicke Backe hat, ihre Wohnungstür eingetreten wurde oder sie Kummer in ihrer Familie hat – „F" liebt unzweifelhaft und spürbar das Leben.
Für sie gibt es offenbar keine Graustufen im Leben oder bei Personen. Sie unterscheidet klar zwischen Gut und Böse.
Eine sehr unverblümte und ehrliche Art, das Leben zu sehen.

Ich bin da wahrscheinlich komplizierter, wenn ich das Leben betrachte, aber selbstverständlich keineswegs besser.
Umso mehr sollte ich mir ab und an eine Scheibe von ihr abschneiden und versuchen, das Leben so simpel wie möglich zu halten und zu genießen.



Passt gut auf euch auf und seid nett zueinander, wer immer ihr auch seid!?
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