Das Internat
Es war der große Tag: der erste Morgen im Internat. Mia wachte mit einem wilden Mix aus Aufregung und Nervosität auf, die ihre Gedanken wie ein unruhiges Meer durchschüttelten. Was würde sie dort erwarten? Diese Frage ließ sie nicht los, während sie sich für den Tag fertig machte. Ihre neue Schule würde anders sein als alles, was sie bisher gekannt hatte – und das machte sie sowohl neugierig als auch ein wenig ängstlich. Nach einem hastigen Frühstück, bei dem Ida ihr liebevoll, aber leise „Viel Glück" zurief, schwang Mia auf ihr Rad und machte sich auf den Weg zum Internat. Die frische Morgenluft prasselte auf ihr Gesicht, während sie die Strecke entlang radelte, die sich durch sanfte Hügel und dichte Wälder schlängelte. Das Internat selbst, ein imposantes Gebäude aus Backstein mit hohen Türmen und schmalen Fenstern, tauchte vor ihr auf und wirkte wie etwas aus einem alten Märchen. Sie parkte ihr Rad und trat nervös, aber bestimmt durch die große Eingangstür. In der Anmeldung traf sie auf eine freundlich wirkende Sekretärin, die Mia mit einem breiten Lächeln begrüßte und ihr einen Lageplan überreichte. „Hier ist Ihr Klassenzimmer. Sie werden sicher viel Spaß hier haben", sagte sie und deutete auf einen schmalen Korridor. Mia folgte dem Plan und fand schließlich ihr Klassenzimmer. Als sie die Tür öffnete, fand sie sich in einem kleinen Raum wieder, der von der üblichen Klassenzimmergröße abwich: Es gab nur neun Tische, Stühle und ein Lehrerpult. Im Vergleich zu den 24 Schülern, die sie bisher in ihrer alten Schule gehabt hatte, erschien ihr der Raum wie ein zurückhaltender Ort. (Wenig Platz, aber vielleicht ist das ein Vorteil), dachte Mia und trat vorsichtig ein. Sie war die Erste, die den Raum betrat, und suchte sich einen Platz in der Mitte aus, den sie strategisch für sich beanspruchte. Der Platz bot den besten Überblick und ließ sie die anderen Schüler beobachten, ohne sich selbst sofort in den Mittelpunkt zu drängen. Kurz darauf traten acht weitere Kinder ein, die die restlichen freien Plätze einnahmen. Mia beobachtete sie neugierig. Jeder von ihnen schien seine eigene Art von Nervosität und Aufregung mitzubringen. Es war interessant zu sehen, wie sie sich einrichteten und unterhielten – manche leise, andere lauter und lebhafter. „Hallo", sagte ein Junge mit lockerer Haltung und einem schelmischen Grinsen, als er sich, am Nebentisch, neben Mia niederließ. „Ich bin Tim. Wie geht's?" „Hallo Tim", erwiderte Mia und lächelte zurück. „Ich bin Mia. Ich hoffe, das hier wird spannend." „Oh, das wird es sicherlich", versprach Tim und zwinkerte ihr zu. Mia schnaubte belustigt. „Ich hoffe doch, dass sich meine Neugier und meine Ideen als nützlich erweisen." Die anderen Schüler schlossen sich dem Gespräch an, und bald war der Raum erfüllt von einem bunten Mix aus Stimmen und Geschichten. Mia konnte nicht umhin, sich ein wenig selbstzufrieden zu fühlen. Vielleicht war der Raum kleiner als gewohnt, aber das schien nur eine weitere Gelegenheit zu sein, sich in der neuen Umgebung zu beweisen.
Die Klassenzimmertür öffnete sich mit einem leisen Quietschen, und herein schritt eine Frau Mitte vierzig. Ihr Haar war zu einem strengen Dutt geknotet, und ihre Brille verlieh ihr einen Ausdruck unmissverständlicher Ernsthaftigkeit. Mit einer Aura, die sofort Respekt einflößte, trat sie vor die Klasse. „Guten Morgen, ich bin Frau Kiesel, eure Klassenlehrerin", stellte sie sich mit fester Stimme vor. Frau Kiesel begann sogleich mit einer detaillierten Einführung in die Struktur der Schule. Sie erklärte ruhig und präzise die Aufteilung in Unterstufe und Oberstufe und erläuterte, dass die Schule eine Altersgruppe von 13 bis 16 Jahren alte Schülern abdeckte. „Wir haben hier 82 aufgeweckte Köpfe aus ganz Deutschland", sagte sie mit einem leichten Lächeln, als wollte sie betonen, dass sie die Intelligenz und Vielfalt ihrer Schüler besonders schätzte. Die Lehrerin plauderte über den Schulalltag im Internat und teilte einige interessante Details mit. „Die meisten Schüler wohnen hier, und nur in den Ferien fahren sie nach Hause", informierte sie die Klasse. „Besonders diejenigen, die von weit her kommen, nutzen die Schulferien, um ihre Familien zu besuchen." Sie fügte hinzu: „Einige wohnen in der Nähe und düsen am Wochenende heim, wenn es die Zeit erlaubt." Mia hörte aufmerksam zu; ihre scharfen Augen nahmen jedes Detail auf. Es war offensichtlich, dass sie bereits versuchte, die Struktur und das tägliche Leben an ihrer neuen Schule zu durchdringen. Frau Kiesel begann nun, den Stundenplan zu erläutern. „Der Unterricht beginnt um 8 Uhr und endet um 13:30 Uhr. Danach habt ihr noch Zeit für die Hausaufgaben, die ungefähr zwei Stunden in Anspruch nehmen." Ein Hauch von Erleichterung huschte über Mias Gesicht, als sie diese Information vernahm. Es war beruhigend zu wissen, dass sie nach der Schule nach Hause konnte – immerhin war sie eines von nur zwei Kindern in der Schule, die in der Stadt wohnten. „Freitags gönnen wir uns eine Hausaufgaben-Pause", fügte Frau Kiesel hinzu, und ein zufriedenes Murmeln ging durch die Klasse. Dieser kleine Luxus wirkte wie ein willkommener Bonus und machte den Unterrichtsplan ein wenig angenehmer. Mia konnte ihre Freude nicht ganz verbergen. Ihre Scharfsinnigkeit half ihr dabei, die Informationen schnell zu verarbeiten und sich ein genaues Bild vom Alltag am Internat zu machen. Während Frau Kiesel weiter über die schulischen Regeln und Besonderheiten sprach, konnte Mia bereits einige Strategien planen, um sich optimal in das neue Umfeld einzufinden. Als die Einführung schließlich endete, war Mia bereit, sich den kommenden Herausforderungen mit einem klaren Kopf und einem gut durchdachten Plan zu stellen. Die neuen Informationen hatten ihre Neugier nur noch weiter angeheizt, und sie war entschlossen, ihre Zeit am Internat bestmöglich zu nutzen.
Nachdem Mia die erste Woche am Internat hinter sich gebracht hatte, wurde ihr schnell klar, dass der Unterrichtsstoff weit anspruchsvoller war als das, was sie bisher gewohnt war. Der Unterschied war wie Tag und Nacht: Während sie an ihrer alten Schule oft mühelos Einsen aus dem Ärmel schütteln konnte, stellte sie nun fest, dass ihr neues Umfeld eine ganz andere Liga spielte. Jeder Tag begann mit einer strengen Stundenplanung. Der Unterricht war intensiv und forderte Mia sowohl geistig als auch organisatorisch heraus. Sie merkte schnell, dass ihre bisherigen Lernmethoden nicht mehr ausreichten. Die Lehrpläne waren umfassend, und die Lehrer stellten Fragen, die tiefgreifendes Verständnis und kritisches Denken erforderten. Kein Wunder, dass die Schüler hier oft bis spät in den Abend mit ihren Hausaufgaben beschäftigt waren. Mia erkannte bald, dass es hier keine Abkürzungen gab. Sie musste die Ärmel hochkrempeln und sich dem Stoff mit aller Ernsthaftigkeit widmen. Der Gedanke, dass sie nicht mehr mit einem schnellen Trick oder einem schlauen Einfall davonkommen konnte, machte ihr zu Beginn zu schaffen. Doch mit ihrem scharfen Verstand und ihrer ausgeprägten Disziplin nahm sie die Herausforderung an. Nach den ersten anstrengenden Tagen hatte sie bereits einen klaren Plan, wie sie sich durch die Menge an neuem Wissen kämpfen würde. Sie begann, ihre Lernzeiten zu strukturieren, sich gezielt auf Prüfungen vorzubereiten und zusätzliche Stunden in der Bibliothek zu verbringen. Trotz der intensiven Lernphasen war Mia entschlossen, sich nicht nur auf die akademischen Anforderungen zu konzentrieren. Sie wusste, dass das Leben am Internat mehr zu bieten hatte als nur endlose Stunden des Lernens. (Die Zeit kann ich nicht nur mit Lernen verbringen), dachte sie, während sie durch die Gänge der Schule ging. (Freunde und soziale Kontakte sind genauso wichtig). Also beschloss Mia, in der kommenden Woche aktiv auf die Suche nach Freundschaften zu gehen. Sie wollte die sozialen Aspekte des Internatslebens kennenlernen und sich in die Gemeinschaft integrieren. Sie hatte bereits einige interessante Mitschüler entdeckt, deren Gesprächsweise und Interessen sie faszinierten. Es galt nun, Gelegenheiten zu nutzen, um sie besser kennenzulernen und gemeinsame Aktivitäten zu finden.
Fortsetzung folgt
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