Frühstücken – und das tatsächlich in der Früh an einem Sonntag – hat schon was für sich. Orangensaft und Schokowaffeln. Weil Sonntag nun mal Sonntag ist. Außerdem hatte ich richtig Lust auf matschige Schokowaffeln.
Der Grund, mich früher als gewöhnlich an einem Sonntag aus dem Bett zu rollen, war ein Jubiläumsgottesdienst in der katholischen Kirche. Menschen, die vor 10, 15, 20, 30 oder noch längerer Zeit ihre Erstkommunion gefeiert hatten, sollten und wollten im Bild festgehalten werden.
Der Kirchenchor übte noch, während ich mein Foto auf die richtigen Lichtverhältnisse einstellte. Was mein gutes Gefühl für diesen Sonntag – warum auch immer, zusätzlich bestärkte.
Der katholische Pfarrer hielt einen tollen Gottesdienst. Kurzweilig. Immer wieder schaffte er es, an ernsten Stellen Humor einzubauen – ob in der Predigt oder vor einem Gebet.
Das muss man neidlos anerkennen: Dieser Pfarrer hat Leidenschaft. Er nimmt sich selbst nicht so wichtig, dafür die Menschen um ihn herum umso mehr.
Das Schöne ist, dass es auf der evangelischen Seite nicht anders aussieht. Auch dort kann man den Geistlichen dieselben Fähigkeiten zusprechen. Nur was die Kurzweil des Gottesdienstes angeht, liegen bei uns in der Ortschaft die Katholiken mit 8,5 zu 10 Punkten vorne. Das ist keine Schande – ich bin ja selbst auch kein Katholik. Wobei ich in den vergangenen Jahrzehnten mehr in katholischen als in evangelischen Kirchen fotografiert habe.
Ich hatte einige nette Momente beim Gottesdienst und war auch beim Fotografieren sehr bei mir. Selten ging mir ein Gottesdienst so ins Ohr, und ein- zweimal glaubte ich, die himmlische Bimmel direkt in mir zu spüren. Das Feierliche und dennoch Leichte, verbunden mit bekannten Kirchenliedern und dem Chor, dafür war ich an diesem letzten Septembersonntag im Jahr 2025 sehr empfänglich.
Nach dem obligatorischen Gruppenbild gab es einen Umtrunk im Pfarrsaal. Sekt mit oder ohne Orangensaft und in meinem Fall puren Saft. Dazu wurden Bretzeln aufgetischt.
Die Jubilare waren freundlich. Faszinierend war, wie der Pfarrer von einem Gespräch ins andere sprang und sofort den richtigen Anschluss fand – sogar in laufende Gespräche stieg er problemlos ein.
Es war schon nach 13 Uhr, als ich mit knapp 180 Fotos auf dem Apparat mit Siebenmeilenstiefeln nach Hause schritt. Um 14 Uhr begann der Umzug. Zuvor wollte ich noch Gruppenfotos am Aufstellplatz machen und mir natürlich einen Überblick verschaffen, wer überhaupt alles dabei war.
Es waren beschauliche 30 Zugnummern. Für mich immerhin 90.
Also einmal Backfischfestumzug. Warum 90? Weil ich den Kerbe-Umzug dreimal fotografierte.
Am Anfang, bei kaum Zuschauern, ideal für das ein oder andere lustige Bildchen.
An der Hauptstraße, wo immer Zuschauer stehen (wenn es auch in den vergangenen Jahren deutlich mehr waren).
Am Ende des Zuges.
Am Rathaus stand ich neben dem Bürgermeister, der die Gruppen begrüßte und bei uns in der Ortschaft willkommen hieß.
Nach Ende des Umzuges gab es Kuchen im Rathaus. Viel Kuchen.
Von Apfelkuchen bis Zitronencreme reichte die Auswahl. Mindestens zehn bis zwölf, möglicherweise sogar mehr Kuchen, unter denen die Gäste – Majestäten, Helfer, Verwandte der Kerbe-Prinzessin und Hofdamen – wählen konnten. Dazu Softgetränke und Kaffee. Wie gut so eine Cola Light schmeckt, wenn man zuvor dem Umzug hinterhergehetzt ist. Ein Wahnsinn!
Ich freute mich, dass alle so gut aufgelegt waren. Sie ließen sich fotografieren, gingen auf mich ein und dementsprechend sind auch die Bilder geworden.
Der gesamte Sonntag fühlte sich warm an. Als gerade der letzte Umzugsteilnehmer um die Ecke bog, auch noch die Sonne vollends herauskam, steigerte das offenbar nicht nur meine Lust auf die Kerb noch einmal.
Überraschend traf ich dann auf dem Kerbeplatz auf meine Eltern. Gut gelaunt quatschten sie mit Bekannten.
Offenbar hatten sie den Gang über den Kerbeplatz – der randvoll war und kaum ein einfaches Vorbeigehen bot – trotzdem genossen. So ein überfüllter Kerbeplatz ist auch irgendwie ein Blick in Vergangenheit und Zukunft. Man sieht so viele Menschen, mit denen man es in der Vergangenheit zu tun hatte, und sicher auch welche, mit denen man es noch zu tun haben wird.
Wir tauschten Neuigkeiten aus, trafen auf eine ehemalige Lieblingscousine von mir mit ihrer Tochter. Kurz sprachen wir über Lust und Frust in einer Arztpraxis zu arbeiten und wie warmherzig doch mehr Menschen sind, als man das manchmal glaubt.
„Was für ein lieber Kerl", nannte sie mehrmals einen älteren Mann aus dem Ort, der zu ihren Patienten gehört.
Im Anschluss aßen wir noch triefend fett-glänzende, dennoch superleckere Bratwurst im Brötchen. Achtung! Trigger-Geizhals-Warnung! Nur der Preis und ja, ich weiß, es ist gang und gäbe heute, aber dass die Bratwurst fünf Euro kostet, daran werde ich mich wohl nie gewöhnen.
Zuhause hieß es, Bilder aussortieren und herunterladen. Warten, warten, warten … und dann noch einmal alles auf eine andere Sicherheitsfestplatte laden. Nebenbei hörte ich das Fußballspiel zwischen Köln und Stuttgart (1:2) als Live-Reportage im Internetradio.
Ausblick auf Montag: Die Kerb läuft zwar noch, aber mich wird es nicht mehr auf den Festplatz ziehen. Vom Alltag bin ich letztmals vorläufig befreit. Endlich wieder Trainingseinheiten!
Zuvor heißt es allerdings Ordnung in die Schreibtischschubladen bringen.
Bei der Suche nach Papas großem Objektiv von einem älteren Fotoapparat habe ich die Schubladen buchstäblich auf links gedreht. Danach musste ich mir eingestehen, dass da nicht nur in meiner „Krumpel-Schublade" Chaos hoch drei (noch) herrscht.
Ich ziehe das lange Aufräumen dem kurzen Fremdschämen, dass es in den Schubladen wie unter Hempels Sofa aussieht, deutlich vor.
Zum Abschluss noch ein Gerücht: Angeblich verkauft der Nachbar zur linken Seite sein Haus. Wollen wir mal hoffen, dass nicht die Familie Hempel nebenan einzieht.