Den Kapodaster auf G-Dur liegend, zupft Milli gedankenverloren auf der Gitarre. In ihren Gedanken träumt sie sich auf die großen Bühnen der Welt, hört das Publikum, wie es ihr applaudiert. Milli wundert sich noch immer, dass so viele Menschen begeistert sind von dem, was sie auf der Bühne tut. Obwohl ihr jedesmal schlecht vor Lampenfieber wird. Und doch gibt es diesen einen Moment, in dem plötzlich alles abfällt. Dieser Moment, in dem man merkt, dass man der Star auf der Bühne ist, dem die Masse kreischend zujubelt. Ab da läuft alles wie von selbst und man performt, geht aus sich raus, gibt alles! Und es fühlt sich so unglaublich gut an. Aber steigt einem der Erfolg nicht zu Kopf? Wie bei so vielen, die sich plötzlich wie eine Diva aufführen und die unmöglichsten Wünsche haben. Die sich selbst einen Starcoiffeur für die Intimrasur bestellen, weil man die ja schließlich braucht. Nicht auszudenken, wie die Yellow Press sie in der Luft zerreißen würde, wenn ein Paparazzo sie am Pool erwischen würde und auch nur ein einziges Härchen in der Bikinizone zu sehen wäre! Vielleicht ist es aber nicht der Erfolg, der einem zu Kopf steigt, sondern vielmehr der Druck, der von allen Seiten auf einem lastet? Die Gier des Plebs nach Gerüchten. Die Lust am Draufzeigen der Verfehlungen dieser Lichtgestalten. Das sich Überheben über die vermeintlich Großen. Wobei die - obwohl von Fans frenetisch gefeiert, ja beinahe vergöttert - am Ende auch nur Menschen sind. Die oft aus den selben kleinen Verhältnissen stammen wie die, die einem dann vorwerfen, sich als was Besseres zu fühlen. Wobei man doch was "Besseres" ist, denn schließlich hat man den Erfolg geschafft. Darf man den dann nicht auskosten? Vielleicht nicht in allem...
Milli hört auf zu spielen, stellt die Gitarre beiseite und zündet sich eine Zigarette an. Während sie den blauen Rauch in Kringeln aufsteigen lässt, denkt sie noch einmal darüber nach, ob die große Bühne wirklich was für sie wäre....