Tante Eulalia war eine gemütliche alte Frau mit ruhiger ausgeglichener Art, die immer lächelte. Sie lebte am Land und hatte natürlich ein bäuerliches Erscheinungsbild. Ihre gefühlt endlos langen Haare waren zu einem geflochtenen Kranz hinten hochgesteckt und unter dem Kopftuch versteckt. Dieses wurde immer besonders gebunden, darauf legte sie nämlich sehr großen Wert. Der Knoten durfte nicht verdreht sein und die Spitzen an den Enden mussten wie Zinnsoldaten stramm nach außen stehen. Sie liebte Baumwollkleidung auf der Haut. So kam zuerst ihre Pumpanölla, die bis zu den Knien reichte und unten mit Baumwollspitze verziert war, sowie ein Unterhemd. Darüber kam eine Art Blusenhemd, dann noch der Rock. Und erst darüber die Kittelschürze, wo sich immer ein sauberes und sorgfältig gefaltetes Stofftaschentuch in der rechten Schürzentasche befand. Ihre Beine kleideten Nylonstrümpfe, die nicht ständig erneuert, sondern noch fein säuberlich geflickt wurden. Darüber gab es ein Paar warme, selbst gestrickte Socken und ihre hölzernen Töffler. So nannte man früher die Clogs aus Holz, mit denen man die kleine, zierliche Frau schon von weitem gehen hörte.Sie liebte die Natur und ihre Waldspaziergänge. Jedes Mal entdeckte sie etwas Neues.
Sie marschierte immer mit einer kleinen Butte am Rücken los, denn sie ernährte sich gerne von den Früchten, den Pilzen und eben was man sonst noch aus dem Wald verwerten konnte.
Da sie in einem Monat Geburtstag hat, und dann wieder die ganze Verwandtschaft zu Besuch kommt, wollte sie unbedingt einiges vorbereiten.
Die Städter haben ja keine Zeit und sind so was nicht gewöhnt, deshalb freuen sie sich jedes Mal, wenn sie von Tante Eulalia verwöhnt werden.
Tante Eulalia, wird diesmal eine Kürbiscremesuppe, ein Schwammerlragout mit Erdäpfelknödel und einen Beerenstrudel für die Jause machen. Für die Erwachsenen gibt es zwei verschiedene Schnäpse zur Verkostung, und die Kinder bekommen einen Holunder oder einen Beerensaft. Die rechtzeitig angesetzten Schnäpse benötigen natürlich Zeit zum Rasten. Das eine ist ein Wipferlschnaps, der aus Tannenspitzen zubereitet wird und sich schon in seiner Rastphase befindet. Und nun sucht sie Pilze für den ihr Ragout und den Pilzschnaps. Oder wie sie ihn gerne nennen: "Tante Eulalias Rachenputzer", da er wie Feuer den Rachen hinunter brennt.
Tante Eulalia schmunzelt bei dem Gedanken, wenn die wüssten wie einfach der geht. Jedoch das Rezept bekommt natürlich niemand. Beziehungsweise nur eine Person, die sich als Naturfreund auszeichnet, und würdig ist, ihr Nachfolger oder ihre Nachfolgerin zu werden.
Vier Stunden durch den Wald stapfen ist genug, dachte sie bei sich. Glücklich und Zufrieden mit ihrer Ernte, kehrt sie erschöpft und müde nach Hause. Nun stellt sie alles kühl, gönnt sich noch eine Brettljause, denn zum Koch ist sie zu erschöpft. Tante Eulalia geht noch schnell duschen und macht wie immer ihr Mittagsschläfchen.
Mit einem schmunzeln auf den Lippen steht sie nach 1,5 Stunden wieder auf, und sie freut sich schon auf die kommende Arbeit.
Am Abend lässt sie gedanklich, wie jedes Mal, den Tag Revue passieren. Nickend denkt sie: Ja, das war ein wirklich guter Tag und sie schmunzelt wieder.
Die Zeit vergeht wie im Flug und der Tag der Geburtstagsparty ist gekommen.
Langsam trudeln alle ein, und es ähnelt einem Ameisenhaufen. Tante Eulalia ist voll in ihrem Element. Sie wurde mit Geschenken regelrecht überschüttet, und hat dabei noch für jeden ein offenes Ohr und ein Lächeln parat. Während die Mütter und Väter sich ums Geschirr nach dem Essen kümmern, dürfen die Mäderln sogar ihr Haar öffnen, und die Tante frisieren. Nach einiger Zeit sah sie aus wie ein zrupftes Huhn, aber ihre jüngste Tochter richtet ihr liebevoll das Haar wieder.
Wie könnte es auch anders sein? Die Jungs mussten natürlich wieder Unfug machen. Sie haben sich im Schuppen Stroh und Heu unter der Luke zu nem Turm gehäuft, kletterten auf der großen Holzleiter hoch und sprangen von der Luke oberhalb hinunter. Die kleine Mitzi, aus lauter Angst versteht sich, verpetzte die Jungs natürlich als sie das sah. Sie rannte wie der Blitz zu Tante Eulalia, und es sprudelte nur so aus ihr heraus: „Tante de haum mehr Glick ois Vastaund. Es is earna eh nix passiert! A bissl dreckat sans hoit.“ Die Väter machten sich auf den Weg zum Heustadl. Alle Anderen aber lachten als sie kopfschüttelnd hinzufügte: „Wegn die Buam miaß ma uns nua gschaumen, gö Tante.“
„Ja Mitzi, sagte Tante Eulalia lächelnd zu ihr, mein Gott du redst ja bald gscherta wia i.!“
Es war ein wunderschöner und gelungener Tag, der sich jedoch langsam dem Ende neigte. Tante Eulalia gab noch den Familien je einen Schnaps und je einen Saft mit. Sie verabschiedeten sich mit herzlichen Umarmungen, ständigem Wangengeknutsche und einem zünftigem Pfiati von einander.