In einem Schloss tief unten im Sibyllenloch am Fuß der heutigen Burg Teck hauste die Sibylle, eine weise Frau, die hat vielen geholfen, die sich bei ihr Rat holen wollten, denn sie wusste alles und sah die Zukunft voraus.
Viele Schätze von Gold und Edelsteinen hielt sie in ihrem Schloss in der Tiefe versteckt, doch war sie mildtätig - mancher Arme in seiner Not stieg nicht umsonst den steilen Weg zu ihr hinauf.
Aber die drei Söhne der Sibylle waren von anderem Schlag. Sie bauten sich eigene Burgen hinter der Teck das Tal hinauf.
Der eine auf dem Rauber, der andere auf der Diepoldsburg und der dritte auf dem Wielandstein.
Von diesen Burgen aus plagten sie die Bauern und plünderten die Kaufleute aus; kurz, so viel die Sibylle Gutes getan hat, so viel taten ihre Söhne Übles.
Darum schämte sich die gute Mutter ihrer ungeratenen Söhne und wollte nicht mehr in ihrer Nähe bleiben.
Eines Tages fuhr sie mit einem feurigen Wagen, von zwei Wildkatzen gezogen, von ihrer Höhle aus durch die Lüfte - man sah ihre Haare wie eine Lohe in der Abendsonne fliegen.
Aber wohin sie gefahren ist, weiß niemand zu sagen.
Nur an den Stellen, da ihr Wagen auf dem Boden ein Gleis geschnitten, wächst das Korn üppiger als sonst - der letzte Segen, den die Geschiedene den Menschen hinterlassen hat.
Von Merkur-kun - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0