Ludwig van Beethovens 5. Sinfonie (c-Moll, Opus 67) gehört zu seinen berühmtesten Werken und ist eines der...
Ludwig van Beethovens 5. Sinfonie (c-Moll, Opus 67) gehört zu seinen berühmtesten Werken und ist eines der populärsten Stücke der klassischen Musik. Sie ist auch unter der Bezeichnung Schicksalssinfonie bekannt.
Die ganze viersätzige Sinfonie wird vielfach mit dem prägnanten Anfangsmotiv identifiziert, mit den drei markanten Achteln auf G, denen in derselben Dynamik (fortissimo) ein langgezogenes Es folgt.
In der sogenannten romantischen Beethoven-Rezeption, die bis in das 20. Jahrhundert reichte, wurde Beethovens „Fünfte“ im Sinne eines Schicksalsdramas als eine musikalisch objektivierte Erzählung von Niederlage und Triumph, vom ewigen menschlichen Schicksalskampf, von Leid und Erlösung interpretiert. Ähnlich wie die 9. Sinfonie mit ihrer „Ode an die Freude“ behandelt sie dieser Deutung zufolge mit ihrem per aspera ad astra, ihrem Weg durch Nacht zum Licht, von c-Moll nach C-Dur einen grundlegenden Gedanken der europäischen Kultur. Auch wenn diese Deutung in der heutigen Zeit manchmal als pathetisch angesehen wird, kann auf jeden Fall festgestellt werden, dass Beethovens Fünfte zusammen mit der 3. Sinfonie, in deren Paralleltonart sie steht, und mehr noch der 9. Sinfonie das sinfonische Schaffen des 19. Jahrhunderts maßgeblich beeinflusst hat – von Franz Schubert und Johannes Brahms über Pjotr Iljitsch Tschaikowski und Anton Bruckner bis hin zu Gustav Mahler. Sie ist außerdem eines der Werke, die sowohl den Liebhaber klassischer Musik als auch Menschen, die sonst kaum der klassischen Musik zugeneigt sind, immer wieder in ihren Bann zu ziehen vermögen, nicht zuletzt durch ihre rhythmische Kraft, die schon im Anfangsmotiv mittels des Unisono der Streicher besonders prägnant in Erscheinung tritt.
Entstehungszeit: Erste Aufzeichnungen reichen in das Jahr 1800 zurück. Direkte Niederschriften finden sich in Beethovens Skizzenbuch vom Februar und März 1804. Die Fertigstellung erfolgte in der Zeit von April 1807 bis zum Frühjahr 1808.
Uraufführung: Zusammen mit der Pastorale, dem Klavierkonzert Nr. 4, G-Dur op. 58, Teilen der Messe in C-Dur, op. 86 und der Chorfantasie am 22. Dezember 1808 im Theater an der Wien.
Besetzung: 1 Piccoloflöte, 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 1 Kontrafagott, 2 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Pauken in C und G, Streichorchester (1. Violine, 2. Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass; Violoncello und Kontrabass an einigen Stellen getrennt).
Entstehungsgeschichte
Die ersten Skizzen Beethovens zur 5. Sinfonie sind in den Jahren 1803 und 1804, also zwischen dem Abschluss der Eroica und vor den Arbeiten an der 4. Sinfonie (vollendet im Herbst 1806), entstanden. Nachdem der oberschlesische Graf Franz von Oppersdorff Beethoven im Jahr 1806 kennen gelernt hatte, gab er bei ihm zwei Sinfonien in Auftrag. Die Fertigstellung der 5. Sinfonie erfolgte in Wien im Jahr 1807 und im Frühjahr 1808, in dem auch die Arbeiten an der 6. Sinfonie abgeschlossen wurden. Nachdem die Sinfonie zunächst Oppersdorff gewidmet werden sollte, leistete dieser mehrere Zahlungen, was ihm für eine bestimmte Zeit die Rechte gesichert hätte. Beethoven verkaufte sein Werk jedoch letztlich dem Fürsten Franz Joseph Lobkowitz und widmete es ihm und dem Sohn des letzten Hetman der Ukraine, Graf Andrei Kirillowitsch Rasumowski, dem später auch die drei Streichquartette op. 59 gewidmet wurden. Gegenüber Oppersdorff erklärte Beethoven am 1. November 1808 brieflich: „Noth zwang mich die Sinfonie, die für sie geschrieben, […] an jemanden andern zu veräußern.“ Zur Entschädigung dedizierte er ihm die 4. Sinfonie. Im Juni 1808 bot Beethoven das Werk in Erwartung besserer Bezahlung dem Verlag Breitkopf & Härtel an, der es im Jahr 1809 verlegte.
Autograph der ersten Seite der Partitur von Beethovens fünfter Sinfonie
Am 22. Dezember 1808 fand die Uraufführung der Sinfonie im Rahmen eines vierstündigen Konzerts im Theater an der Wien statt. In diesem historisch bedeutsamen Konzert, in dem Beethoven daneben die Uraufführung seines 4. Klavierkonzerts gestaltete, wurde außerdem die 6. Sinfonie und die Fantasie für Klavier, Chor und Orchester zum ersten Mal aufgeführt, außerdem wurden Teile der Messe in C-Dur und die Arie „Ah, perfido!“ gespielt. Die Aufführung verlief unerfreulich, da die Musiker des Orchesters nicht ausreichend geprobt hatten und das Theater unbeheizt war.Zur Zeit der Uraufführung hatte Beethoven die 5. und die 6. Sinfonie noch in umgekehrter Reihenfolge nummeriert und entschied sich erst später für die heutige Nummerierung.
Über die Gedanken und Motivationen Beethovens zur 5. Sinfonie lässt sich wenig sagen, da keine Äußerungen des Komponisten selbst zu seinem Werk überliefert sind. Insbesondere im 19. Jahrhundert wurde die ab 1798 beginnende Taubheit Beethovens sowie dessen erschütternde Erkenntnis im Heiligenstädter Testament (1802) mit der Deutung einer musikalischen Aussage des Werkes in Zusammenhang gebracht. So präsentierte Alexander Ulibischeff im Jahre 1859 eine privatistische Deutung des Klopfmotivs der fünften Sinfonie: „Er öffnet seine Thür bei den verhängnißvollen Schlägen, und ein schwarzes Gespenst taucht vor ihm auf, […] um ihm das Nichts einer vollständigen Taubheit vorher zu prophezeien.“
In ihrer rezeptionsgeschichtlichen Studie zur fünften Sinfonie akzeptiert Mechthild Fuchs die biographischen wie die geschichtlichen Aspekte als Hintergrund der Werkinterpretation: „Doch wäre eine direkte Erklärung der Inhalte der 5. Sinfonie aus Beethovens Biographie oder aus den revolutionären Bewegungen seiner Zeit heraus zu kurz gegriffen. In den Untersuchungen zum Beethoven-Bild, die sich auf dessen eigene Selbstdarstellung bzw. sein Bild in der musikinteressierten Öffentlichkeit stützen, bin ich zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Faktoren zwar als Hintergrund für eine Interpretation wichtig zu nehmen sind, sich indessen seine künstlerischen Absichten nicht darin erschöpfen.“ Harry Goldschmidt fasste die philosophischen Implikationen der verschiedenen Interpretationen zusammen:
„Dem ‚Schicksal‘ kommt […] ebenso säkulare wie konkrete, durchaus repressive Bedeutung zu. Auf keinen Fall verträgt es sich mit einer ungeschichtlichen, ins Persönliche verengten Interpretation. Dasselbe muss von der Auflehnung gesagt werden. Niemals wäre die Handschrift sonst so überpersönlich, musikalische Sprache der Massen im Idealgebrauch des Wortes geworden. Es war zugleich die eminent moderne Sprache, mit allen geschichtlichen Erfahrungen aus der Neuzeit. Als die ‚Emanzipation aus selbstverschuldeter Unmündigkeit‘ hatte Kant, Beethovens philosophische Autorität, die bürgerliche Aufklärung definiert. Schicksal wurde nicht mehr passiv hingenommen, es war weder unentrinnbar noch unbezwingbar geworden. Dafür spricht der innere Gang der Satzfolge. Unentrinnbar erscheint das Schicksal nur im ersten Satz.“
Wie die meisten überlieferten Aussagen Beethovens beruht auch sein bekanntes Zitat zur fünften Sinfonie auf den Aussagen seines Sekretärs Anton Schindler und ist daher nur von fragwürdiger Authentizität. So zitierte Schindler die Worte Beethovens zu seinem Werk: „Den Schlüssel zu diesen Tiefen gab dessen Schöpfer selber, als er eines Tages mit dem Verfasser über die demselben zu Grunde liegende Idee sprach, mit den Worten: So pocht das Schicksal an die Pforte, indem er auf den Anfang des ersten Satzes hinwies.“ Diese mit der Bezeichnung „Schicksalssymphonie“ verbundene Deutung ist in der aktuellen Forschung – teils zu Recht – in die Kritik geraten. Allerdings hält Fuchs in ihrer Studie Schindlers Aussage für glaubwürdig; die häufige Deutung als „Schicksalssinfonie“ ist für sie ein Hinweis darauf, dass diese Interpretation sachgemäß sei. Hingegen hob Harry Goldschmidt die politische Bedeutung des Werks und des allenfalls darin vorkommenden Schicksalsbegriffs hervor:
„Als Goethe zu Napoleon von ‚Schicksal‘ sprach, erhielt er zur Antwort: ‚La politique c’est le destin!‘ [„Die Politik ist das Schicksal!“] Es ist unwahrscheinlich, dass dieser napoleonische, besser bonapartistische Citoyen-Begriff von ‚Schicksal‘ nicht derselbe wie der des Komponisten der Sinfonie auf Bonaparte gewesen wäre. […] Insofern war die c-Moll-Sinfonie, zu Ende gebracht nach den Siegen von Jena und Auerstedt, ein eminent antinapoleonisches Werk. Möglich sogar, dass die Enttäuschung über die Kaiserkrönung nach Fertigstellung der ‚Eroica‘ bald darauf den Anstoß zu der ‚Parallelsinfonie‘ gegeben hatte. Wie die in der gleichen Zeit, in demselben Stil und derselben Tonart komponierten Coriolanouvertüre ist sie ‚in tyrannos‘ [„gegen die Tyrannen“] geschrieben.“
Ungeachtet der Tatsache, dass keine verlässlichen Äußerungen Beethovens vorhanden sind, wird das Werk von Musikwissenschaftlern als Bindeglied zwischen der 3., 7. und 9. Sinfonie gesehen, in denen Beethoven zu einer eigenständigen sinfonischen Tonsprache gelangte.
Der erste Satz ist eine klassische Sonatenhauptsatzform, der sich vom herkömmlichen Formmodell der Sinfonie insofern unterscheidet, als sich der Komponist anstatt eines aus mehreren Motiven gebauten Themas eines äußerst kurzen, dafür aber sehr prägnanten Motivs bedient (man könnte beinahe von einem „Haupt-Rhythmus“ anstelle eines Hauptthemas sprechen). Außerdem spielt das Seitenthema eine sehr untergeordnete Rolle: Es erscheint nur in der Exposition und Reprise und wird schon bei seinem ersten Auftreten vom Rhythmus des Hauptthemas in den Bässen begleitet. Der Satz hat also eine starke Tendenz zur Monothematik, was auch bei den Sinfonien Haydns häufig vorkommt.
Die Exposition beginnt ohne langsame Einleitung direkt mit den fünf Takten des oben abgebildeten „Schicksalsmotivs“. Seine Spannung bezieht es aus den beiden Fermaten und vor allem daraus, dass die Tonart zunächst unentschieden ist. Der Hörer könnte genauso gut Es-Dur als Grundtonart vermuten, erst ab Takt 7 schafft der Grundton C der Celli und Fagotte harmonische Eindeutigkeit. Das Motiv wandert dann durch die Stimmen erminderten Septakkords wird das Anfangsmotiv wiederholt, um dann auf die gleiche Weise wie zuvor in ein akkordisches Tutti überzugehen, das dann das Seitenthema einleitet.
Hornüberleitung
Seitenthema (Beginn)
Ein kurzes Hornmotiv (Audio-Datei / Hörbeispiel Hörbeispiel?/i), das mit dem gleichen Rhythmus, aber einer anderen Tonfolge beginnt, leitet über zum Seitenthema (Paralleltonart Es-Dur) in gleichmäßig fließenden Vierteln (Audio-Datei / Hörbeispiel Hörbeispiel?/i).
Eine abwärtsbewegte Achtelfigur (zuerst in den Streichern, dann in den Bläsern) und der erneut erklingende Haupt-Rhythmus beenden die Exposition.
Der erste Teil der Durchführung verarbeitet das Thema, harmonisch vielfach abgewandelt. Nach einer dynamischen Steigerung erscheint in Takt 179 die in abfallenden Quinten fortgeführte Variante des Hauptmotivs, die in der Exposition das zweite Thema einleitete. Auf dessen Eintritt wartet man hier jedoch vergeblich, stattdessen bringen die Bässe einen absteigenden Kontrapunkt. Nach einer transponierten Wiederholung dieser Stelle erfolgt eine dritte Ankündigung des Seitenthemas, die jedoch bereits im Ansatz stecken bleibt und in eine Art statische Klangfläche mündet, die abwechselnd von Bläser- und Streichergruppe im Diminuendo gespielt wird.
Klangfläche (Ausschnitt)
Nach dieser beklemmenden Phase der Erstarrung, die Berlioz mit dem Röcheln eines Sterbenden verglichen hat, bricht mit brutaler Gewalt das Hauptmotiv herein und leitet mit achtmaligen Toben auf as-f zur Reprise über, die – von einer eingeschobenen rezitativartigen Oboen-Kantilene abgesehen – die Exposition wiederholt. Getreu der in klassischen Sinfonien häufig angewandten Tradition der picardischen Terz führt Beethoven das Seitenthema nun in C-Dur aus. Die anschließende sehr ausgedehnte Coda schließt den Satz aber wieder in Moll ab.
Der zweite Satz steht in der Tonart der 6. Stufe beziehungsweise des Tonika-Gegenklangs von c-Moll, also As-Dur. Er stellt in jeder Hinsicht einen scharfen Kontrast zum ersten Satz dar: dort ein extrem kurzes, rhythmisch prägnantes Motiv, hier ein weit ausholendes, geschwungenes, punktiertes, sangliches Thema . Es übernimmt damit die Aufgabe, die das Seitenthema des ersten Satzes aufgrund der Dominanz des Hauptthemas kaum wahrnehmen konnte.
Der Satz lässt sich formal in vier Abschnitte gliedern: Thema und drei freie Variationen. Dabei übernimmt die zweite Variation die Funktion einer Durchführung, die vierte Variation die einer Reprise und Coda. Der erste Abschnitt ist folgendermaßen aufgebaut: Nach dem Hauptthema erscheint, ebenfalls in As-Dur, das zweite Thema in Klarinette und Fagott. Es endet mit dem Klang c-Es, der in einer Modulation als c-Moll-Terz umgedeutet wird und schließlich nach C-Dur führt, wo das Thema im Fortissimo, hell strahlend und „mit Pauken und Trompeten“ wiederholt wird. Eine zweite Überleitung führt auf die Dominante Es-Dur zurück. Das erste Thema, das zuerst punktiert auftritt, erscheint in den drei Variationen zuerst in fortlaufenden Sechzehnteln, dann in Zweiunddreißigsteln und zum Abschluss als Kanon, auf den eine kurze Coda folgt.
Der 3. Satz – ein Scherzo, wie es seit Beethoven anstelle des überkommenen Menuetts typisch wird – steht wiederum in c-Moll. In der Beethoven-Literatur wird ihm vielfach der Charakter eines eigenständigen Satzes abgesprochen und die Funktion einer spannungssteigernden Überleitung zum Finale zugeschrieben (Walter Riezle). Beethoven hat den Satz auch bei der Reinschrift der Partitur fertiggestellt und ihn nach der Uraufführung um die Hälfte gekürzt. Der Satz hat die Form Scherzo – Trio – verkürzte Scherzo-Reprise mit Überleitung zum Finale.
Scherzothema
Das Scherzo besteht aus einem zweimal ansetzenden, in Vierteln aufsteigendem Bassmotiv, das einen Tonraum von fast zwei Oktaven aufreißt und von den hohen Streichern beantwortet wird. Darauf folgt ein fanfarenartiges Viertonmotiv, zunächst in den Hörnern und danach im Tutti (drei Viertel, punktierte Halbe), das an das erste Thema des ersten Satzes erinnert. Das erste Thema (diesmal in b-Moll) und das Hornmotiv erscheinen in variierter Form noch einmal, bevor sie zum Abschluss des Scherzos in einer Art von Durchführung miteinander kombiniert erklingen. Achtelfiguren in den Violinen und ein abschließendes Tutti (mit Pauken) leiten zum Mittelteil über. Beachtenswert ist, dass Beethoven im Scherzoteil auf die übliche Gliederung in zwei jeweils wiederholte Teile verzichtet.
Trio des 3. Satzes
Das Trio ist ein Fugato, das in den Streichern beginnt und dann die Blasinstrumente beteiligt. Der zweite Teil beginnt mit einem von Zögern unterbrochenen Einsatz. Er wird nicht vollständig wiederholt, sondern endet mit einer von den Flöten bis in die Fagotte durch drei Oktaven fallenden Linie im Pianissimo. Darauf folgt eine verkürzte Reprise des Scherzos, im Pianissimo und Pizzicato. Nach einem fünfzehn Takte im Pianissimo durchgehaltenen Orgelpunkt As im Bass ertönt kurz das Anfangsmotiv. Die Pauken treiben die Musik voran, indem sie rhythmisch das Hauptmotiv andeuten, dann Viertel, Achtel und schließlich einen Paukenwirbel spielen. Mit dieser gewaltigen Steigerung setzt attacca das Finale ein. Eine formale Trennung der Sätze unterbleibt: Dieses Stilmittel kam in der Musik dieser Zeit sehr selten vor.
Der Schlusssatz erhält gegenüber dem Anfangssatz das Schwergewicht der Sinfonie: Diese Tendenz zur Verlagerung des Schwerpunkts an das Ende zeigt die 9. Sinfonie später noch deutlicher. Der „heiter-problemlose“ Charakter, wie er zum Teil noch in Beethovens früheren Sinfonien üblich war, wird nicht mehr angewandt. Der Gegensatz zwischen dem dramatisch-düsteren c-Moll des ersten Satzes und dem jubilierenden C-Dur des Schlusssatzes hat die Beethoven-Literatur zu den bekannten Bildern („per aspera ad astra“ – „durch Nacht zum Licht“, aufgehende Sonne, Triumphmarsch, Sieg über das Schicksal, Erlösung etc.) animiert. Zur Steigerung des triumphierenden Charakters bedient sich Beethoven wie später auch in der 9. Sinfonie der Form des Marsches. Außerdem wird das Orchester um Piccoloflöte, Kontrafagott und Posaunen erweitert. Der 4. Satz ist ebenso wie der erste Satz in der Sonatenhauptsatzform gebaut, jedoch dauert die Exposition 85 Takte, die Durchführung 66 Takte, die Reprise dagegen hat 110 Takte und die Coda gar 126. So tragen Reprise und Coda im letzten Satz das Schwergewicht, das demnach ebenso wie in der Gesamtanlage der Sinfonie zum Ende hin verlagert ist.
Hauptmotiv des 4. Satzes
Das erste Thema beginnt mit einer Dreiklangsfanfare und stellt eine klare Tonika auf. Nach einem Überleitungsteil in durchlaufenden Achteln und einem zweiten, dem ersten in seinem Aufbau aus Dreiklangstönen verwandten Thema (Audio-Datei / Hörbeispiel Hörbeispiel?/i), folgt der Seitensatz in G-Dur, der durch Triolen rhythmisch abgehoben ist (Audio-Datei / Hörbeispiel Hörbeispiel?/i) Das Triolenthema wird weitergeführt und mündet nach einer kurzen Figur in den Hörnern in ein Tutti.
Triolenthema
Klarinette, Fagott, Viola und Cello fangen ein neues, kurzes Thema an, das dann vom ganzen Orchester aufgenommen wird. Ein Tutti beendet die Exposition. Die folgende Durchführung arbeitet hauptsächlich mit dem Triolenmotiv des Seitensatzes. Dabei wandert es mal durch die einzelnen Stimmen oder es wird, wie im Notenbeispiel, mit nachschlagenden Triolen der Blechbläser und Pauken kombiniert. Über einem langen Orgelpunkt der Bässe auf dem Ton g spielen die übrigen Streicher in durchgehenden Achteln, um darauf in einem Tutti im Fortissimo abzuschließen.
Nachschlagendes Triolenthema
Nun setzen die ersten Violinen überraschend mit einer rhythmischen Formel nur auf dem Ton g im Pianissimo ein. Dieser Teil stellt einen Rückgriff auf das Scherzo des dritten Satzes dar, allerdings ohne den Basslauf. Ein Tutti leitet dann über zur Reprise, die durch zwei eingeschobene Teile etwas länger als bei ihrem ersten Auftreten ist. Das zweite Thema, das im Fagott erklingt und von den Hörnern beantwortet wird, eröffnet die Coda. Diese verwendet ein dem Hauptthema verwandtes Motiv (G-c-G-e-d-c-g), das nach zweimaligem Ansetzen zum letzten Presto überleitet. Sieben Viertelschläge im Orchester, durch lange Pausen getrennt, beenden schließlich das Werk.
Einspielungen
Im Jahr 2011 existierten 150 Einspielungen des Werkes.[26] Deshalb können nur wenige Aufnahmen gesondert erwähnt werden. Die erste Aufnahme stammt von den Berliner Philharmonikern unter Arthur Nikisch aus dem Jahr 1913. In der Folgezeit lassen sich zwei verschiedene Interpretationsansätze verfolgen: zum einen die romantische Beethoven-Interpretation, repräsentiert durch Wilhelm Furtwängler, Otto Klemperer, Bruno Walter und Willem Mengelberg. Die Tempi sind getragen und deutlich langsamer als vom Komponisten angegeben (bis zu 40 Minuten Gesamtspielzeit). Die einzelnen Abschnitte innerhalb eines Satzes sind zusätzlich im Tempo voneinander abgehoben, die Oberstimmen sind gegenüber den Gegenstimmen hervorgehoben. Der andere Ansatz (zuerst vertreten durch Arturo Toscanini) befolgt die schnellen Metronomzahlen (mit den vorgeschriebenen Wiederholungen 33 Minuten Gesamtspielzeit), ist im Klangbild schlanker und versucht eher, die Satzstruktur herauszuarbeiten. Weitere wichtige Einspielungen existieren von Carlos Kleiber, René Leibowitz, Herbert von Karajan, Leonard Bernstein, Ferenc Fricsay, George Szell, Rafael Kubelík und Igor Markevitch. Im Zuge der historischen Aufführungspraxis entstanden auch Aufnahmen der Sinfonien Beethovens auf Originalinstrumenten (z. B. durch Sir Roger Norrington, Frans Brüggen und Sir John Eliot Gardiner). Eine rhythmisch prägnante Aufnahme nach dem Urtext entstand unter David Zinman. Ferner ist die Klavierbearbeitung von Franz Liszt (in Aufnahmen von Konstantin Scherbakov, Cyprien Katsaris, Glenn Gould, Paul Badura-Skoda und İdil Biret) zu erwähnen. Von Ernst-Erich Stender existiert eine Bearbeitung für Orgel.
Rezeption des Werks
Durch Zeitgenossen
Die Uraufführung des Werkes war nach zeitgenössischen Berichten nicht sehr erfolgreich. Die Reaktion des Publikums reichte von Reserviertheit über Ratlosigkeit bis zur Ablehnung. Dazu kam der Umstand, dass die Darbietung durch das Orchester anscheinend nicht vollkommen überzeugen konnte. So schrieb zum Beispiel der Musikschriftsteller und Komponist Johann Friedrich Reichardt:
„Sänger und Orchester waren aus sehr heterogenen Theilen zusammengesetzt, und es war nicht einmal von allen auszuführenden Stücken, die alle voll der größten Schwierigkeiten waren, eine ganze vollständige Probe zu veranstalten, möglich geworden.“
Theater an der Wien, der Ort der Uraufführung – Stich nach Jakob Alt um 1815
Die zweite Besetzung Wiens durch die französische Armee verhinderte eine Wiederholung des Werkes. Nach dem Erscheinen der gedruckten Stimmen und des Arrangements für Klavier zu vier Händen 1809 begann eine intensive Beschäftigung mit der Sinfonie. Nun folgten etliche Aufführungen in Deutschland und den angrenzenden Ländern. Eine Partitur wurde erst 1826 gedruckt. Das Werk erfreute sich zunehmender Beliebtheit. So sollten bis zum Jahr 1828 siebenhundert und bis 1862 weitere 350 Exemplare der Druckversion verkauft werden.[27] Zusätzlich entstanden Fassungen für Septett (Streicher und Flöte), Streichquintett und Klavierquartett sowie Klavierfassungen von Carl Czerny, Johann Nepomuk Hummel und Franz Liszt.
In der Romantik
Eine wachsende Anzahl von Rezensionen, Besprechungen und Kommentaren entstand. Als eine der bedeutendsten und folgenreichsten unter ihnen gilt die im Jahr 1810 von E. T. A. Hoffmann für die Allgemeine musikalische Zeitung verfasste, welche die erste ausführliche Analyse des formalen Aufbaus und der strukturellen Beziehungen des Werkes enthält. Außerdem wies sie den Weg für die bald darauf massiv einsetzende Deutung in Richtung des romantischen Beethoven-Bildes.
„Tief im Gemüthe trägt Beethoven die Romantik der Musik, die er mit hoher Genialität und Besonnenheit in seinen Werken ausspricht. Lebhafter hat Rec. dies nie gefühlt, als bey der vorliegenden Symphonie, die in einem bis zum Ende fortsteigenden Climax jene Romantik Beethovens mehr, als irgend ein anderes seiner Werke entfaltet, und den Zuhörer unwiderstehlich fortreisst in das wundervolle Geisterreich des Unendlichen.“
Immer seltener wurden nun kritische Stimmen, wie die von Louis Spohr, der die mangelnde Orientierung des Werkes am klassischen Vorbild von Haydn und Mozart bemängelt hatte:
„Bei vielen einzelnen Schönheiten bildet sie doch kein classisches Ganzes. Namentlich fehlt sogleich dem Thema des ersten Satzes die Würde, die der Anfang der Symphonie, meinem Gefühle nach, doch nothwendig haben muß. Der letzte Satz mit seinem nichtssagenden Lärm, befriedigt am wenigsten.“
Der Sinfonie wurde immer größere Bewunderung zuteil, die Komponisten der Romantik wie Berlioz und Schumann meinten, in Beethoven einen Wegbereiter ihrer eigenen Musiksprache zu erkennen. So schrieb Berlioz:
„Unbestritten die berühmteste von allen und auch nach unserer Ansicht die erste, worin Beethoven seiner weiten Phantasie freien Lauf gelassen hat, ohne eine fremde Idee zur Führung oder als Stütze zu nehmen.“
Richard Wagner sah das Werk schon in Bezug auf sein eigenes Musikdrama:
„Hier betritt das lyrische Pathos schon fast den Boden einer idealen Dramatik im bestimmteren Sinne, und wie es zweifelhaft dünken dürfte, ob auf diesem Wege die musikalische Konzeption nicht bereits in ihrer Reinheit getrübt werden möchte, weil sie zur Herbeiziehung von Vorstellungen verleiten müßte, welche an sich dem Geiste der Musik durchaus fremd erscheinen, so ist andererseits wiederum nicht zu verkennen, daß der Meister keineswegs durch eine abirrende ästhetische Spekulation, sondern lediglich durch einen dem eigensten Gebiete der Musik entkeimten, durchaus idealen Instinkt hierin geleitet wurde.“[
In der Moderne
Im 20. Jahrhundert war das Werk dann endgültig zu einem weltweit bekannten und anerkannten Kunstwerk geworden. Nun setzte sich auch eine eher sachliche, analytische Betrachtung durch, deren bedeutendster Vertreter Heinrich Schenker war. Schenker schreibt im Vorwort einer Analyse zum vielbeschworenen „Ringen mit dem Schicksal“:
„Rang Beethoven also in Tönen, so genügt keine der Legenden und keine hermeneutische Deutung, um die Tonwelt zu erklären, wenn man nicht eben mit den Tönen denkt und fühlt, wie sie gleichsam selber denken.“
Der Nationalsozialismus sah in Beethovens Musik deutsche, natürlich weltweit überragende Geistesleistungen dargestellt. Insbesondere der „Geist der Zeit“, das „Erwachen des deutschen Volkes“, das sich anschicken sollte, auch kulturell als „germanische Rasse“ zu dominieren, meinte man hier festzustellen. Bereits 1934 hatte Arnold Schering von der 5. Sinfonie als einem Werk der „nationalen Erhebung“ geschwärmt und sie gleichgesetzt mit dem Bild des „Existenzkampfes eines Volkes, das einen Führer sucht und endlich findet“.[ Angeblich vermittelten Beethovens Werke spürbar diese Gefühle des „Heroischen“ und „Faustischen“, „Erhabenen“ und „Monumentalen“. Dass die BBC im Zweiten Weltkrieg den Buchstaben „V“ für Victory im Morse-Alphabet (···—) als Jingle verwendete, wurde später als Referenz an das Kopfmotiv des ersten Satzes gedeutet, war ursprünglich aber nicht beabsichtigt.
Autoren wie Theodor Adorno betonten dann in den 1960er und 1970er Jahren den Zusammenhang des Werkes mit den um 1800 aufkommenden Emanzipationsbestrebungen des Bürgertums. So schreibt Adorno in seiner Musiksoziologie über die Beethoven-Sinfonien:
„Die Beethoven’schen Symphonien waren, objektiv, Volksreden an die Menschheit, die, indem sie ihr das Gesetz ihres Lebens vorführten, sie zum unbewußten Bewußtsein jener Einheit bringen wollten, die den Individuen sonst in ihrer diffusen Existenz verborgen ist.“
Auch in musikalischer Hinsicht wurde Beethovens fünfte Sinfonie im 20. Jahrhundert und Anfang des 21. Jahrhunderts vielfältig aufgenommen. Charles Ives zitierte das Werk in seiner Concord-Sonata (1915), Arnold Schönberg in seiner Ode an Napoleon (1942), Wolfgang Fortner in seinen Mouvements für Klavier und Orchester (1953). Speziell das Anfangsmotiv des ersten Satzes wurde in den letzten Jahrzehnten von Blasorchestern, Tanzkapellen sowie Rock- und Pop-Bands (Ekseption, Walter Murphy, Steve Vai, Joe Satriani, Electric Light Orchestra und dem Trans-Siberian Orchestra) aufgegriffen. Der R&B-Sänger Robin Thicke erreichte 2002 mit dem Song When I Get You Alone, der auf einer Adaption des Anfangsmotivs der Sinfonie basiert, weltweit Chartplatzierungen.
Als Filmmusik erklingt in dem Spielfilm Rotation von Wolfgang Staudte aus dem Jahr 1949 ausschließlich Beethovens Fünfte. Im Fernsehfilm Spiel um Zeit (1981) nach dem Roman Das Mädchenorchester von Auschwitz von Fania Fénelon dient die Erarbeitung des ersten Satzes der Lebensverlängerung der Musikerinnen. In Disneys Fantasia 2000 wird die Sinfonie der Schmetterlingsszene unterlegt und dient als Eröffnungsmusik. Priscilla Presley erzählte, die Sinfonie habe es Elvis Presley „ganz besonders angetan. Wenn er die auflegte, drehte er die Lautstärke so weit auf, wie es nur ging, und fing an zu dirigieren.“
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