Oh, ich denke gerne zurück an diese eine Silvesternacht. Der Ladenschluss stand kurz bevor und in meinem Kühlschrank herrschte gähnende Leere. So beeilte ich mich, um noch schnell das Nötigste für den Abend und den sich daran anschließenden Feiertag zu besorgen.
Eiligen Schrittes wuselte ich durch die Gassen der Altstadt, flitzte förmlich um die Ecken und hatte nicht wirklich Augen für die Stolpersteine, die sich auf dem alten ausgetretenen Kopfsteinpflaster zuhauf fanden. Schon stieß ich mit jemandem zusammen. Reflexartig umarmte ich die Person und verhinderte so, dass sie hinfiel. Perplex verharrten wir einen Moment in dieser Situation.
Erst jetzt realisierte ich, dass ich eine junge Frau in Armen hielt. Ich nahm die Wärme ihres Körpers wahr und atmete den Duft ihrer Haare. Dann schaute sie mich von unten herauf an und ich versank förmlich in ihren blauen Augen, die mich in diesem Moment gefangen hielten. Unfähig auch nur ein Wort zu sagen, betrachtete ich dieses Kunstwerk der Natur und es kam mir so vor, als ob sich zwischen uns ein magisches Band entwickeln würde. Diese Magie griff auch auf sie über und sie lächelte mich zunächst verlegen, dann mit einer unbeschreiblichen Sympathie an. Dabei drehte sie leicht den Kopf zur Seite, blickte beinahe beschämt zu Boden, als ob es ihr Fehler gewesen wäre. Als ob sie in mich gerannt wäre und nicht umgekehrt. Wobei es ja meiner Schusseligkeit und Fahrigkeit geschuldet ist, dass uns dieser kleine und zum Glück glimpfliche Unfall widerfuhr. Ihr Lächeln und die leichte Röte, die sich auf ihren Wangen bildete, ging mir geradewegs ins Herz und ich beschloss spontan, sie zu mir einzuladen und den Jahreswechsel zu feiern.
Zu meiner Überraschung sagte sie zu und meine Freude darüber wurde nur dadurch gedämpft, dass mir im selben Augenblick wieder einfiel, weswegen ich eigentlich so schnell unterwegs war. Kleinlaut gab ich zu, dass ich erst einkaufen müsse und ihr befreiendes Lachen und das keck hervorgerufene „Na, dann los! Lass uns schnell was kaufen.“ ließ mein Herz hüpfen. Sie zog mich an der Hand Richtung Supermarkt und ich folgte ihr beinahe mechanisch. Nachdem wir alles Benötigte gekauft hatten, gingen wir zu mir nach Hause, machten es uns bequem, aßen eine Kleinigkeit und lernten uns kennen und spontan lieben. Unsere Blicke zogen sich an und in einem Moment des tiefen Verstehens wussten wir, dass wir Füreinander sind.
Unser erster Kuss wurde durch einen lauten Böller gestört und wir kicherten über diesen Umstand wie verliebte Teenager, die zum ersten Mal von diesem köstlichen Nektar namens Liebe tranken. Die Uhr ging auf Mitternacht zu und durch das Fenster erglühten schon die Farbschimmer der ersten Raketen, doch hatte ich nur noch ein Feuerwerk der Sinne. Dieses Silvester wurde für uns zu einer besonderen Liebesnacht an die ich immer wieder mit Freuden und einem Lächeln im Gesicht denken werde.