„Simsaladami“

Datum: Samstag, 15. November 2025
Zeit: 15 Uhr 29
Ort: „Eiscafé Adami", Worms

Die Waschbecken im Frisörsalon strotzten nicht gerade vor Sauberkeit.
Dafür mit Tatendrang und Plauderlaune meine über 80-jährige Haarschneidespezialistin meines Vertrauens.
Mit ihrer Generation tauschte sie sich über Alters-Wehwehchen aus. Mit mir über das Fußballländerspiel vom Vortag und über die Vereine in der Region.

Haareschneiden kann sie. Auch wenn ich mir einbilde, jedes Mal etwas mehr das Metall der Schere auf meiner Haut zu spüren.
Mein Shampoo würde großartig duften, lobt die Friseurin. Beweis genug, dass der Orient tatsächlich nach weit mehr riecht als nur nach Kamel.

„Ein neues Oberteil für morgen Nachmittag zum Konzert wäre geil."
Hielten meine Eltern für nötiger als ich. Natürlich verwendeten Eltern nicht den Begriff „geil" wörtlich. Doch meinen Taten sie damit sehr wohl genau das!
Wie vor einigen Wochen wurde ich beim „Jost" fündig.
Nach beeindruckender Expertise des Verkäufers entschied ich mich für ein grau-blaues Langarm-Poloshirt.

Ich möchte noch nicht nach Hause.
Hier im „Adami" den Teelöffel versonnen im Tee umzurühren, dabei hin und wieder ein Sätzchen in mein Notizbuch zu schreiben, gefällt mir viel besser.

Zuhause gibt es so viel zu tun, worauf ich jetzt gerade keine Lust habe.
Vorbereitungen für den Heim-Wettkampf, das Instrumentalkonzert – das ich am Sonntag fotografieren werde – und ein, zwei Trainingspläne wären auch noch zu vervollständigen.

Es regnet bereits den gesamten Samstag hindurch.
Kalt ist es noch nicht. Der Himmel nimmt gerade immer mehr die Grau-Blau-Farbe meines Poloshirts an, das in einer Tüte in meiner Tasche ruht.
Bunte Neonlichter in den Farben Grün, Blau, Rot, Gelb blinken vor dem „Adami" im Sekundentakt heiter auf.
Tauben ohne Waden klettern über Geschäftsfassaden, schauen ratlos umher und vermissen die Sonne sehr.

Ich sitze hier bequem, fühle mich wie ein feiner Herr. Kämpfe gegen Grau und Bläse an – habe das Gefühl, dass das Leben erst für mich so richtig beginnt.
Schlürfe genüsslich meinen Pfefferminztee und verfolge die ein oder andere Idee.

Möglicherweise ist dieser Blog etwas bescheuert, zeigt einen Tick und doch mag ich ihn genauso wie einen Zaubertrick. – „Simsaladami!"