Lover Man
Von
Jenny
in Musik
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31st März 2019
Video Dauer: 00:04:17
Inge Brandenburg wurde als eines von sechs Kindern in eine zerrüttete Familie hineingeboren, in der Gewalt und Streit herrschten. Ihre Eltern verlor sie jugendlich durch die Nationalsozialisten: Der Vater, Kommunist und im Ersten Weltkrieg Kriegsdienstverweigerer, wurde 1939 im KZ Mauthausen inhaftiert, wo er später ums Leben kam,die Mutter wurde als „Asoziale“ im KZ Ravensbrück interniert und kam dort 1945 kurz vor Kriegsende um. Die Geschwister wurden voneinander getrennt und in verschiedenen Kinderheimen untergebracht,wodurch Inge Brandenburg den Großteil ihrer Jugend in Heimen in Dessau und Bernburg zubrachte
Unmittelbar nach Kriegsende flüchtete sie in die amerikanische Zone nach Hof, wo sie als Herumtreiberin mehrere Monate inhaftiert wurde. Danach verschlug es sie nach Augsburg. Dort arbeitete sie in einer Bäckerei, begann das Klavierspiel zu erlernen und kam in den GI-Clubs der Stadt das erste Mal mit Jazz in Kontakt. Sie bewarb sich erfolgreich auf ein Zeitungsinserat eines Tanzorchesters, das eine Sängerin suchte und tingelte nach ihrem Umzug nach Frankfurt am Main mit jenem durch deutsche Nachtclubs und Tanzlokale. Als Autodidaktin entwickelte sie sich zunehmend zu einer hervorragenden Jazz-Interpretin und unternahm – nach einem Engagement in Libyen – schließlich eine achtmonatige Tourneereise nach Schweden, die von Erfolg gekrönt war (ursprünglich geplant waren nur vier Wochen). Zurück in Deutschland kam der Durchbruch 1958 auf dem Deutschen Jazzfestival; auch die Kritiker prophezeiten ihr eine große Zukunft. Sie erhielt ihren ersten Plattenvertrag und sang, des dunklen Timbres ihrer Stimme und ihres hervorragenden Timings wegen geschätzt, bald mit der ersten Garde der Jazzer.
Beim Festival Européen du Jazz in Antibes 1960 wurde sie als „beste europäische Jazzsängerin“ ausgezeichnet. Die Zusammenarbeit mit Hans Koller, Albert Mangelsdorff, Emil Mangelsdorff, Helmut Brandt und den Orchestern von Kurt Edelhagen und Erwin Lehn festigten ihren Ruf als die beste westdeutsche Jazzsängerin; sie sang vor allem im Swing-Idiom und Blues-Stücke. Ihre Interpretation von Lover Man machte sie angeblich 1960 „zur Legende“: „Unbeeindruckt von den damals schon vorliegenden überwältigenden Vokal-Aufnahmen, sang sich die junge Deutsche mit individueller Phrasierung und seelenvoller dunkler Stimme die Seele aus dem Leib.“
Anfang der 1960er Jahre wurde Inge Brandenburg von dem AFN-Moderator Charlie Hickman gemanagt, der ihr die ersten Fernsehauftritte verschaffte, unter anderem mit Ted Heath (1962). Sie tourte 1965 mit der Gunter Hampel Group und interpretierte Ornette-Coleman-Stücke wie Lonely Woman. 1968 ging sie mit dem Trio von Wolfgang Dauner auf Tournee. Plattenfirmen veröffentlichten einige Aufnahmen mit ihr, wollten aber lieber (besser verkäufliche) schlagerartige Stücke aufnehmen, wozu sie nicht bereit war. Nach ihrem vergeblichen Versuch, die Label vor Gericht dazu zu zwingen, wie ursprünglich vereinbart, Jazzaufnahmen mit ihr zu veröffentlichen, war sie in der Branche „verbrannt“. Auch ihres Alkoholkonsums und ihrer reizbaren Art wegen galt sie zunehmend als schwierig, wodurch sie nur noch wenige Engagements erhielt, so dass sie später überwiegend Theater spielte.1976 sang sie noch einmal auf einem Jazzfestival in Würzburg, 1974 und 1976 im Sinkkasten in Frankfurt am Main, 1985 in der Brotfabrik in Frankfurt am Main, oder in Omnibus (Würzburg) und im Sudhaus in Stuttgart mit dem Peter Mayer Quartett und Jan Jankeje. Danach zog sie sich aufgrund der schwierigen ökonomischen Situation aus dem Musikmarkt komplett zurück.
Nach dem Karriereende rutschte Brandenburg in tiefere Alkoholprobleme ab, hinzu kamen Probleme mit ihren Stimmbändern. 1990 unterzog sie sich einer Operation der Stimmbänder. Mitte der Neunzigerjahre versuchte sie ein Comeback – unterstützt von Gerry Hayes und Charly Antolini, mit den Trios der Pianisten Walter Lang bzw. Heinz Frommeyer, welches jedoch misslang. Verarmt starb sie 1999 im Schwabinger Krankenhaus. Ihr Grab befindet sich auf dem Münchner Nordfriedhof.