Jenny van Keks war berühmt für ihre Geranien. Ihr Vorgarten war ein wahres Blütenmeer, ein Farbspektakel, das die ganze Straße erfreute. Da sie nun wieder alleine war, konnte sie sich auch voller Leidenschaft um dieses Hobby kümmern. Doch eines Tages kam das Regionalfernsehen mit seiner neuen „Quizshow“ ins Viertel. Moderator Freundlich strahlte über das ganze Gebiss, dem immer noch Reste des Cheeseburgers anzusehen war und gab Kameramann Guby einen Klaps auf die Schulter.
"Na, dann wollen wir mal, wa?", sagte er jovial und gab im Vorbeigehen der Visagistin Engel einen kräftigen Klaps auf den Hintern.
Fräulein Engel schaute ziemlich pikiert, verkniff es sich aber, etwas zu sagen, da sie Angst um ihren Job hatte, den sie so dringend brauchte, solange sie nicht unter der Haube ist.
"Jenny van Keks?", fragte Freundlich und schüttelte der völlig verdutzten Blondine die Hand. "Sie dürfen sich glücklich schätzen in unserer neuen Quizshow mitspielen zu dürfen!"
"Wollte ich das?", fragte Jenny und schaute ratlos mit ihren blauen Augen umher, denn sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, je eine Teilnahme an einer Quizshow angestrebt zu haben. Schon gar nicht an einer Show, die sie nicht kannte.
Plötzlich tauchte das Kameraobjektiv von Guby ganz nah vor Jennys Gesicht auf und filmte sie von allen Seiten.
"Aber, junge Frau", begann Freundlich, der das Wort 'junge' etwas despektierlich aussprach, "Sie wollen sich doch wohl nicht die Chance ihres Lebens entgehen lassen? Ihr Garten wird weit über die Stadtgrenze hinaus berühmt werden. Touristen werden ihre kleine Wohlfühloase fotografieren und die Selfies im Internet posten. Na, was sagen Sie nun? Ach, sagen Sie besser nichts, oder doch lieber ja. Der Hauptpreis ist ein neuer Springbrunnen für ihren Vorgarten!"
"Aber...", stammelte Jenny, die gar nicht wusste, wie ihr geschah und der es unangenehm war, dass Guby die Kamera so ziemlich überall hatte. "Ich kann doch nicht... und dann ... in meiner Schürze und ... ich bin doch gar nicht frisiert..."
"Das macht gaaar nichts aus. Wir vom Fach nennen das Authentizismus und das lieben die Zuschauer. Echte Menschen.... davon gibts nicht viele im TV - das können Sie mir glauben", quasselte Freundlich.
"Ja...", wollte Jenny was erwidern, doch unterbrach Freundlich sie sofort.
"Da hören wir es. Sie hat ja gesagt. Also", er gab Fräulein Engel einen Wink, damit sie ihr Baguette zur Seite legt, "pudern bitte!"
Sofort rannte Fräulein Engel auf Jenny zu und ballerte ihr die Puderquaste so dermaßen ins Gesicht, dass eine Staubwolke entstand von der alle Umstehenden husten mussten.
Was Jenny aber nicht wusste war, dass sie nicht nur Fragen beantworten musste, sondern dabei einen improvisierten Hindernisparcour durchlaufen musste. Und das alles live!
Jenny versuchte sich immer noch den Puder aus den Augen zu blinzeln, als flinke Hände begannen, den Vorgarten mit allerlei Hindernissen zu bestücken. Jenny van Keks war entsetzt! Vor lauter Schreck bekam sie kein Wort heraus und schaute nur zitternd zu, wie die Mitarbeiter des Fernsehens ihr kleines Paradies verschandeln. Natürlich passten die Trampel auch nicht auf und so stürzte hier ein Blumentopf um und lag in Scherben auf dem Boden oder es wurde dort eine Blume zertrampelt.
In Jenny stieg die Wut auf und mit zornesrotem Kopf begann sie zu brüllen, dass sich die Leute zum Teufel scheren sollen. Mit der kleinen Gartenharke bewaffnet rannte sie Freundlich hinterher, der die Flucht ergriff. Guby hielt natürlich mit der Kamera voll drauf, weil Freundlich seine Flucht ausgerechnet durch den frisch aufgebauten Hindernisparcour machen musste. Fräulein Engel aß unbeeindruckt ihr Baguette und niemand verschwendete einen Gedanken an die Zeit, denn mittlerweile war man live auf Sendung und die ganze Region sah das Spektakel durch Gubys Kamera in Szene gesetzt.
Der Vorgarten glich einem Schlachtfeld, nachdem alle Hindernisse wieder eingepackt wurden. Nachträglich wurde die Quizshow vom Sender zu einer "Versteckten Kamera"-Sendung deklariert und man bezahlte Jenny van Keks einen Gärtner, der alles wieder richten sollte. Schließlich wäre es dem Sender peinlich gewesen, wenn man als Verwüster die Zuschauer verprellt hätte. Doch egal, wie sehr der Ruf auch leidet.... die Quote stimmte.
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