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5 Minuten Lesezeit (1031 Worte)

„Leb noch ein wenig mehr“

Papa ist seit seiner Entlassung aus dem Krankenhaus leicht angeschlagen.
Damit meine ich nicht eine erklärliche Mattheit nach den acht Tagen Hospitalaufenthalt.
Eine leichte Erkältung plagt ihn.

Die Beerdigung war hart. Hatte jedoch gleichzeitig eine weiche Seite.
Wie ungemein weh es tut, Menschen leiden zu sehen, die man mag, ist unfassbar. Das macht Seele und Herz doppelt schwer.
Die Tante, die ihren Mann verlor. Ihre Töchter und Sohn – meine Cousinen und Cousin – und ihre Familien.

Wir betraten die Trauerhalle in der, der Beerdigungsgottesdienst für den Onkel stattfand.
Die Familie des Verstorbenen und einige Verwandte und Bekannte, die zur Trauergemeinde gehörten, saßen bereits auf ihren Stühlen um dem Onkel die letzte Ehre zu erweisen.
Einiger meiner Verwandten sah ich erstmals nach Jahren wieder. Leider zu einem Anlass, der nicht besonders erfreulich war.



Mit wesentlich mehr Teilnehmer am Trauergottesdienst hatte ich gerechnet.
Angestellte aus der Firma des Onkels. Nachbarn oder mir unbekannte Bekannte meines Onkels und Tante. – Diese konnte ich jedoch nicht ausmachen.

Im Nachhinein passt das, zu dem introvertierten Familienmenschen als den ich den Onkel stets wahrgenommen hatte.


Ca. eine halbe Stunde saßen Eltern, ich, Bruder, eine Cousine Mamas und ein Patenkind meiner Mutter – das so alt wie mein Bruder ist – in einer Trauerreihe stillschweigend nebeneinander.
Ich beobachtete den hellen Holzsarg. Der schlichte Blumenkranz über dem Sarg. Die Trauergrüße mit Kränzen, die am Boden aufgestellt waren. Darunter der Kranz meiner Familie.
Dazu zwei große weiße Kerzen, deren Flammen lebendig am Kerzendocht züngelten.

Dazu spielte leise eine wunderschöne Instrumentalversion vom „Beatles-Klassiker" „Yesterday". Gefolgt von einer weiteren Instrumentalversion von „John Cohens" „Halleluja".


Was bei mir gleich mehrere Gefühlswelten auf mehreren Ebenen aufbrach.
Zu einem Mitleid hervorrief bei all den Menschen, die diesen Verlust noch gefühlt Millionen Mal mehr traf wie mich.
Zum anderen mich mein eigenes Ich hinterfragen ließ, wieso denn das überhaupt so ist, dass andere Personen den Verlustschmerz mehr fühlen wie ich?
Der Trauergottesdienst gefiel mir gut.
Sofern man bei einem solchen Anlass Teilnehmer zu sein von gut reden und schreiben kann und darf?

Die Pfarrerin, die ich zwischen 30 und 40 schätze, machte ihre Sache großartig.
Sie hob das handwerkliche Geschick des Onkels hervor, seine Planungssicherheit, seine Ideen und kreative Ausführungen und verwob darin geschickt die Begriffe Liebe und Familie, dass sie deutlich an Bedeutung gewannen.

Die Vorstellung, dass der Onkel jetzt im Himmel neue Wohnungen entwirft. Oder diese ausbessert für den Allmächtigen Höchstpersönlich arbeitet, fand ich tröstlich und aufbauend. Fast hätte sie mir nicht nur ein inneres Lächeln beschert.

Ich dachte, wäre das nicht eine tolle Geschichte für ein Buch, gerade jetzt zu Weihnachten.
Über eine Person, die Wohnungen im Himmel baut und ausbessert und viele Abenteuer dort besteht, bevor sie Gnade findet und zu den liebsten Menschen zurückkehren darf, gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest.
Man merkt, ich sah als Kind zu viel die Serie: „Ein Engel auf Erden" mit „Michael Landon" und „Victor French" und außerdem so jedes fünfte Jahr gönne ich mir den legendären Weihnachtsfilm: „Ist das Leben nicht schön".

Während ich so in meinen Fantastisches Gedanken planschte, spielte man von „Helene Fischer" „Luftballon". Ein guter Song. Passend. – Denn ich nicht kannte.


So sehr, dass ich nun den Onkel sogar viel weicher wahrnehmen wie zuvor.
Auch deutlich besser verstehe, dass gezeigte Liebe für außenstehende der engsten Familie manchmal unsichtbar bleibt, diese jedoch jedes Körnchen entgegengebrachte Liebe sehen, spüren, in sich aufnehmen und bewahren.


Die Gemeindearbeiter fuhren den Sarg, in dem der Leichnam des toten Onkels ruht, mit einem Gestell auf Reifen zu seiner letzten Ruhestätte.
Pfiffig. Bei uns im Ort tragen die Gemeindearbeiter den Sarg bis zum Grab.

Die Trauergemeinde folgte.
Einen weißen Luftballon ließen die Kinder des Onkels steigen. Der sich allerdings nur für Sekunden in die Luft erhob und dann in einem Ast verfing, als wollte der Luftballon bleiben und nicht gehen.
Der Luftballon im Baum – dieses Bild - passt zu dem, was man vom Todeskampf des Onkels hört. Der sich gegen sein unerwartetes Ableben wehrte und eigentlich kein bisschen bereit war, seine Familie jetzt schon, in seinen Sechzigern seine Familie hier auf Erden zurückzulassen.

Nach einigen Gebeten begann die Pfarrerin mit dem
: „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub," Ritual, in dem sie Sand auf eine Schaufel nahm und ins Grab fielen ließ.
Wir – die Trauergemeinde – taten es ihr gleich, ließen zusätzlich neben dem Sand noch eine Hand rote und weißblaue Blumenblüten in das Grab gefühlvoll rieseln.


Der Leichenschmaus wurde im Gemeindehaus – unweit des Friedhof - eingenommen.
Trockener Kuchen. Käsekuchen. Zopf. Kirschstreusel. Kaffee, Tee und Mineralwasser.

Allen sah man die Anstrengung und Anspannungen, die so eine Beerdigung mit sich bringt, deutlich an.
Kinder und Ehefrau des Verblichenen wirkten echt gerädert, wenn auch auf mich gelöst, dass dieser zeremonielle Akt der Trauerarbeit hinter ihnen lag.

Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, jemals zuvor Cousin, Cousinen, deren Familien oder selbst die Tante dermaßen herzlichst umarmt zu haben.
Noch mehr gruselte es mich, dass ich mich in den vergangenen zehn Jahren, wohl meinen Verwandten nicht ansatzweise so verbunden fühlte wie an diesem „schlimmen" Beerdigungs-Freitag.
Es gab mit Geburtstagen, mehreren Hochzeiten und andere Jubiläen wahrlich genug (und bessere?) Gelegenheiten, um Verbundenheit und vollkommene Sympathie, Anteilnahme am Leben der anderen zu zeigen.

Vom Friedhof ging es in die Turnhalle.
In der es zumindest mit einer meiner Sportgruppen lebendig zuging. Die eine tolle Trainingseinheit absolvierten.
Das tat, nachdem trauern und Gedanken machen mir bis in die letzte Körperfaser gut und schenkte willkommene Ablenkung


Eltern waren von diesem Tag stark mitgenommen.
Matt und angeschlagen wirkten sie am Abend. Ich hoffe, sie haben sich nicht mehr zugemutet, wie gut für sie war?
Ich habe dabei um Mama sogar weitaus mehr Angst wie um Papa.

Ich wünsche den Personen deren Welt gerade in Scherben liegt, dass sie alle Zweifel die ihnen zu schaffen machen beseitigen können, sie jemanden zum zuhören finden und schnell herausfinden wie sie mit ihrer Trauer und Kummer am besten umgehen und was sie genau brauchen?

Beschließen möchte ich den heutigen Blog mit einem Zitat:

„Wenn wir dort sind,
wo du jetzt bist,
werden wir uns fragen,
warum wir geweint haben."

(Unbekannter Verfasser)




Seid nett zueinander und passt gut auf Euch auf! Wer immer Ihr auch seid?!
„Düfte für die Ohren“
„Adventsflimmern“
 

Kommentare 1

Fizzy Lemon am Samstag, 16. Dezember 2023 17:05

Gefolgt von einer weiteren Instrumentalversion von „John Cohens" „Halleluja".


Das war von einem anderen Cohen... nämlich Leonard.

[quote]Gefolgt von einer weiteren Instrumentalversion von „John Cohens" „Halleluja".[/quote] Das war von einem anderen Cohen... nämlich Leonard. ;)
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