Goldene Schimmer strahlten durch die großen Fenster in die Gasse der nächtlichen Altstadt, in der sich die Gemäldegalerie von Jennyfer la Biscuit befand. In der lauen Sommernacht erhoffte sie sich noch Gäste, die durch die verschlungenen Gassen bummelten und aus Neugierde ihre Galerie betraten. Die sanften Klänge eines Saxofons sollten den Reiz des Besuchs noch verstärken. Aber es ist selten geworden, dass sich Besucher in ihre Galerie verirrten. Was sie ausstellte, war nicht provokant genug. Nichts, was die Menschen noch triggerte. Die abstrakten Werke eines österreichischen Malers, der sich hinter dem Pseudonym "Hodalump" versteckte, hatten zwar durchaus etwas interessantes an sich, aber waren entweder zu wenig figurativ oder dann doch nicht abstrakt und provokant genug, als dass es viele Käufer gäbe. Jennyfer überlegte schon länger, ob sie den Kunsthandel nicht an den Nagel hängen und wieder als Friseurin arbeiten sollte, aber irgendwie hing ihr Herz an der Galerie. Ebenso wiegte sie den Gedanken ab, beides miteinander zu verbinden. Eine Friseurgalerie. Kaufen sie ihr Bild, während wir ihnen die Locken ondulieren! Das wäre etwas Neues. Zumindest für dieses Nest hier. Ach, wäre sie doch nur in einer großen Stadt wie Berlin. Da würde man für alles einen Käufer finden, selbst wenn er die Bilder mit seinem eigenen Dünnschiss malt. Bei dem Gedanken musste Jennyfer kichern. So etwas wäre hier undenkbar. Sie griff zu einem Glas Sekt, das eigentlich für ihre Gäste - die ja nicht kamen - bereitstand und leerte es in einem Zug, bevor sie zur Tür schritt und die Galerie absperrte. »Das war es nun«, flüsterte sie zu sich selbst, drehte das "Geschlossen"-Schild um, machte die Musik und das Licht aus, bevor sie nach hinten in ihre kleine Wohnung hinter der Galerie verschwand.
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