Einen neuen Benutzeraccount legen Sie bitte über das Registrierungsformular der Community unter Community an. Danke.
Einige Blogbeiträge werden nur eingeloggten Mitgliedern angezeigt.
Kaum hatte ich meinen Blog am Donnerstagnachmittag im Eiscafé beendet, kam ich ins Gespräch mit einem Mann, der am Nachbartisch saß.
Das kam so:
Bevor ich ihn wahrgenommen hatte, fiel mir der Teller mit goldbraunen Waffeln auf, überhäuft mit Puderzucker, der vereinsamt auf dem Nachbartischchen stand. Nach einigen Minuten kam der Mann, sichtlich erleichtert, wenn auch ein wenig außer Atem, hinzu.
Was mir sofort bei ihm ins Auge stach: Glatze, schwarzer Ohrring, drahtige Figur.
Sekunden darauf trat eine der Servicekräfte zu ihm und fragte freundlich im schönsten Hochdeutsch mit italienischem Akzent: „Haben Sie Ihren Geldbeutel gefunden?"
Der Mann mit der Glatze antwortete: „Ich bin nochmals durch die Geschäfte gerannt, auch durchs Reisebüro und den Handyshop, dachte mir, vielleicht ist das Handy aus der Jacke gerutscht. Wissen Sie, wo ich es gefunden habe? Auf dem Rücksitz meines Autos. Da sitzt niemand, nie! Wie das da hingekommen ist, ist mir ein Rätsel!"
Ich konnte und wollte da gar nicht weghören. Ich liebe ja „Happy End"-Geschichten. Und das schien mir eine zu sein. Eine einfache – aber das spielt für mich eher eine untergeordnete Rolle. Trotzdem brachte ich meinen Blick nicht schnell genug von der Servicekraft und dem Herrn weg.
Unsere Blicke trafen sich. Keine 30 Sekunden später hörte ich die Langfassung der Geschichte um das verschwundene Handy. Der Mann am Nachbartisch hatte echt Erzähltalent.
Ich erfuhr, dass er einige Kilometer von Worms entfernt in einer kleinen feinen Stadt wohnt, die – wie Worms – möglicherweise etwas zu viele Dönerbuden und zu wenig Geschäfte in der Innenstadt hat. Dafür aber noch einen waschechten Schuster und eine hervorragende Metzgerei.
Er selbst müsse ab und an einfach mal einige Tage raus aus seiner Heimatstadt, die bei uns nur – wie bei ihm – als „Kibo" bekannt ist.
Unmittelbar nach dieser Aussage erzählte der Mann – während er seine Waffeln ruhig aß und ich immer wieder an meiner Cola Light nippte – von einem Abenteuer im Schwarzwald. Das ich jedoch nur kurz zusammenfassen möchte:
Er fuhr mit einem E-Scooter durch den Schwarzwald und fiel hart auf den Boden – ausgerechnet in einem Waldgebiet. „Ich lag unter dem E-Scooter, bekam den kaum von mir herunter, mit nur einem funktionierenden Arm." Irgendwann hatte ich es geschafft und schleppte mich die Kilometer ins Krankenhaus. Wie sich herausstellte, hatte ich mir die Schulter gebrochen und den Arm ausgekugelt. Am nächsten Morgen wurde ich bereits operiert, und abends durfte ich schon wieder heim. Ich rief eine Bekannte an, die mich abholte und heimfuhr.
Der Mann vom Nachbartisch berichtete, dass er seit zwei Jahren in Rente sei.
„Genieße das Leben", sagte er, „und nehme mir die Zeit, wann immer möglich, hin und wieder eine Tasse Kaffee beim ‚Netto' zu trinken. Einkaufen muss jeder." So bleibe es nicht aus, dass er mit vielen – und nur wenig Unliebsamen – Bekanntschaften über die Jahre Kaffees getrunken hatte.
Der Satz: „Einkaufen muss jeder." ist so simpel und so genial, dass ich ihn mir sicher in Zukunft häufiger ausleihen werde.
Zum Schluss kamen wir auf die Politik zu sprechen.
Er hoffe sehr, dass auch die „FDP" wieder in den Bundestag käme. Jede demokratische Partei würde Deutschland gut zu Gesicht stehen – volle Zustimmung.
Zu meinem Erstaunen hatte ich echt Lust, einige meiner Überzeugungen auch ihm näherzubringen. Das war ein munteres Gespräch.
Die Ruhe, die der Mann vom Nachbartisch ausstrahlte, fand ich gut. Er erwähnte auch nur, dass er im Berufsleben „etwas mit Menschen gemacht" habe.
Dieses leichte Geplapper mit Inhalt tat mir gut. Ich war fast ein wenig verwundert, dass weder er noch ich auf die Idee kamen, uns das „Du" anzubieten. Wir blieben stets bei diesem Stammtischgeplänkel beim förmlichen „Sie".
Nach knapp einer Stunde Gespräch – mit nur wenigen Redepausen – verabschiedeten wir uns höflich voneinander. Er musste dringend zum Parkplatz ins „WEP" (Wormser Einkaufspark), seine Parkscheibe war abgelaufen, und ich machte mich auf den Weg zum Bus.
Wir versprachen – da er auch öfters im „Adami" eine Auszeit nehme – dass wir das Gespräch, sollten wir uns wieder begegnen, fortführen würden.
By accepting you will be accessing a service provided by a third-party external to https://lunaria-galaxie.de/