Die alte Handelsstadt Korneuburg hatte das Recht, zahlreiche Märkte abzuhalten, und litt wie viele mittelalterliche Städte unter der Rattenplage. Immer wieder machten sich die Biester über die Lebensmittelvorräte der Bürger her und vernichteten auch die Kornvorräte. Besonders schlimm war die Lage im Sommer nach der Ernte, wenn es lange nicht geregnet hatte. Gewöhnlich ertranken bei den plötzlich hereinbrechenden Wassermassen der sommerlichen Gewitter auch die meisten der jungen Ratten, so dass sie auf natürliche Weise dezimiert wurden. War dem aber nicht so, zogen mit dem Getreide auch die Ratten in Scharen in die Stadt, um hier zu überwintern.
Eines Jahres war es wieder besonders schlimm, die Weisen der Stadt wussten nicht ein noch aus. Die Plage war so arg, dass sogar eine hohe Summe ausgesetzt wurde, die demjenigen zuteil werden sollte, der die Stadt von den Ratten befreite. Das sprach sich natürlich im ganzen Land herum, und es dauerte gar nicht lange, bis ein Fremder kam und anbot, die Ratten zu vertreiben. Somit gab es den Rattenfänger im Jahr 1646 im niederösterreichischen Korneuburg.
Da er keine Fallen mit sich trug, waren die Bürger neugierig, wie er der Plage Herr werden würde. Indes nahm der Unbekannte eine kleine Flöte aus seiner Rocktasche und spielte darauf ein kaum hörbares Liedchen. Und siehe da, die Ratten schienen die Melodien des Fremden zu hören und zu gefallen. Sie kamen aus allen Winkeln und Löchern und folgten dem Musikus dicht an den Fersen. Dieser schritt einmal um den Hauptplatz, so dass ihn wirklich alle Ratten hören konnten, und verließ die Stadt über das Schifftor hinab zur Donau. Dort stieg er bis zur Brust ins Wasser und alle Ratten folgten ihm blindlings, wobei sie in den kalten Donaufluten jämmerlich ertranken.
Als das Schauspiel, das die Korneuburger aufmerksam verfolgt hatten, zu Ende war, verlangte der Rattenfänger den ausgesetzten Lohn. Doch der Bürgermeister meinte, dass für bloßes Flötenspiel die Summe viel zu hoch sei, und außerdem sei er mit dem Teufel im Bunde. So speiste man ihn nur mit Almosen, wie man es einem armen Straßenspieler in seine Mütze wirft, ab.
An dieser Stelle enden die ältesten Überlieferungen. Erst später, in Anlehnung an die Hamelner Geschichte, kam folgender Teil der Sage hinzu:
"Auch gut", sagte der Fremde, "ich werde wieder kommen." Die Stadtväter wussten die Worte des Spielmannes nicht zu deuten und vergaßen ihn auch bald darauf. Sie waren nur froh, dass die Rattenplage endlich ein Ende genommen hat.
Im nächsten Frühjahr kam der Rattenfänger jedoch wieder. Er war prächtig gekleidet und trug eine große, im hellen Sonnenlicht glänzende Flöte mit sich. Es war gerade Markttag. Er setzte sich auf den Hauptplatz nieder und begann schöne Weisen zu spielen. Voll Entzücken lauschten ihm die Leute. Bald begann er eine Runde um den Platz zu gehen, und die Kinder folgten ihm in einer langen Schar. Mit jeder Runde wurde die Schar der Kinder größer, sie glich beinahe einem Rattenschwanz. So zog er dann durch das Schifftor zur Donau hinunter und bestieg ein prächtiges Schiff, wohin ihm auch alle Kinder folgten. Als es alle betreten hatten, stieß er das Fahrzeug vom Ufer und fuhr stromabwärts.
Nur zwei Korneuburger Kinder waren nicht dabei. Eines war taub, und eines war zu spät gekommen.
Auf dem Sklavenmarkt in Konstantinopel soll er die eingefangenen Kinder angeblich verkauft haben.
Traurig gingen die Zwei in die Stadt zurück, um den Eltern ihr Leid zu klagen, dass sie zu spät gekommen waren. Mit Entsetzen mussten nun all die anderen Eltern feststellen, dass ihre Kinder von dem fremden Mann entführt worden waren. In der Stadt herrschte unbeschreibliches Jammern und Wehklagen. Erst jetzt erinnerten sich die Stadtväter an die Worte des Rattenfängers vom Vorjahr, der angekündigt hatte, wieder zu kommen.
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Anstelle zweier Stadtbrunnen wurde der Rattenfänger-Brunnen 1898 zum 50. Regierungsjubiläum Kaiser Franz Josef sowie anlässlich des 600-jährigen Stadtjubiläums am Hauptplatz in Korneuburg enthüllt. Der Wiener Bildhauer Emanuel Pendl erschuf die Figur des Rattenfängers. Am Sockel steht noch heute die Inschrift ~Rattenfänger~.Zum 100-Jahr-Jubiläum des Brunnens 1998 erschien eine Briefmarke mit seiner Darstellung.