Blue World ist ein Jazz-Album von John Coltrane, das am 24. Juni 1964 im Studio von Rudy Van Gelder in Englewood...
Blue World ist ein Jazz-Album von John Coltrane, das am 24. Juni 1964 im Studio von Rudy Van Gelder in Englewood Cliffs, New Jersey aufgenommen wurde. Coltrane spielte dabei mit seinem regulären Quartett Varianten zuvor aufgenommener Titel seines Bandrepertoires, die der kanadische Filmemacher Gilles Groulx für den Soundtrack seines ersten Langfilms Le chat dans le sac verwendete. Nachdem die Bänder der Studiosession 2018 wiederentdeckt worden waren, veröffentlichte Impulse! Records zunächst am 16. August 2019 das Titelstück des Albums als Single bzw. Videoclip; als Einzel-CD bzw. LP erschienen die Aufnahmen bei Impulse! Records am 27. September 2019.
Das Album Blue World enthält Aufnahmen des klassischen John Coltrane Quartetts, mit McCoy Tyner am Klavier, Jimmy Garrison am Bass und Elvin Jones am Schlagzeug. Die Aufnahmen entstanden einige Wochen, nachdem das Quartett noch zwei Titel für das Impulse!-Album Crescent eingespielt hatte, als Soundtrack zu einem kanadischen Kunstfilm. Da das Datum in den Sitzungsprotokollen nicht vermerkt war, war diese Musik für Kenner Coltranes, Archivare und Musikhistoriker „ein blinder Fleck“, so der Musikkritiker Nate Chinen.
Coltranes Musik wurde in dem Film Le chat dans le sac (dt. Die Katze in der Tasche) – „eine kühl stilisierte, politisch aufgeladene Dokumentation“ von Gilles Groulx (1931–1994)[4] vorgestellt, die als Markstein des frankokanadischen Films gilt. Barbara Ulrich, die die Rolle der Barbara in dem Film spielte, erinnerte sich, wie es zu der Verbindung mit Coltrane kam: „Jazz war Gilles heilig und er hatte jedes Coltrane-Album, das jemals herauskam. Coltrane war für ihn ein absoluter Meister.“
Durch eine gegenseitige Bekanntschaft war Groulx mit Jimmy Garrison befreundet, was wahrscheinlich der Zugang war, den er brauchte, um sich Coltrane zu nähern. Zu dieser Zeit arbeitete Groulx für das staatlich geförderte National Film Board und verfeinerte seine Fähigkeiten als Dokumentarfilmer. Er war auch in den Bann der französischen Nouvelle Vague geraten – insbesondere des Werks von Jean-Luc Godard, dessen visuell kühle, direkt geschnittene Bearbeitungen und Verité-Dialoge einen deutlichen Einfluss auf Le chat dans le sac haben. Nate Chinen weist darauf hin, dass es damals Präzedenzfälle für Modern-Jazz-Partituren in frankophonen Filmen gab, insbesondere Miles Davis’ berühmte Arbeit Ascenseur pour l’échafaud für Louis Malles Fahrstuhl zum Schafott (1959) und Thelonious Monks etwas weniger bekanntes Werk für Roger Vadims Gefährliche Liebschaften (veröffentlicht als Les Liaisons Dangereuses 1960). Als Groulx sich mit einer Liste möglicher Stücke und Themen an Coltrane wandte, hatte er dieses Ideal sicherlich irgendwo im Sinn, so Chinen.
Groulx’ Film befasst sich auch direkt mit dem Thema der Entrechtung der frankophonen Bevölkerung von Québec und zeigt eine Parallele zu den antikolonialen Bewegungen dieser Zeit. In dem Film tritt der Protagonist Claude für eine radikale Politik ein, die Groulx positiv darstellt. Gilles Groulx hatte eine Liste der Musik vorbereitet, die er für seinen Film haben wollte, und übergab sie Coltrane. Dieser meinte:
„Okay, ich kann das – ich kann das nicht, es ist nicht meins. OK, ich verstehe, ich weiß was du willst.“
Dann begann Coltranes Band zu jammen und man nahm über mehrere Stunden Material für das Filmprojekt auf. Schließlich übergab Rudy Van Gelder die Mitschnitte an Gilles Groulx. Tatsächlich fanden dann rund zehn Minuten des Materials Verwendung in dem Film, und keines der Stücke erschien auf den regulären Coltrane-Alben der Zeit. Nach der Fertigstellung des Films landeten die Bänder im Archiv des National Film Board of Canada; erst Anfang 2018 gelangten sie zu Impulse! Records, um sie 55 Jahre nach den Aufnahmen zu veröffentlichen.
Quelle : Wikipedia
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