Als Sohn von aus dem Elsass stammenden Manouches[Anm. 1] (französischsprachigen Sinti) wuchs Django Reinhardt,...
Als Sohn von aus dem Elsass stammenden Manouches[Anm. 1] (französischsprachigen Sinti) wuchs Django Reinhardt, nachdem die Familie von 1914 bis 1918 zunächst in Nizza, Italien, Korsika und Nordafrika gelebt hatte, in einer Wohnwagensiedlung am Stadtrand von Paris (13. Arrondissement) auf.[3]
Django Reinhardt lernte früh Violine, Banjo und schließlich Gitarre zu spielen und begann seine Karriere als professioneller Musiker als Zwölfjähriger mit dem Akkordeonisten Guérino. 1928 begleitete er auf ersten Schallplattenaufnahmen die Akkordeonisten Jean Vaissade, Victor Marceau und Maurice Alexander.[4]
Am 2. November 1928 erlitt Django Reinhardt schwere Verletzungen beim Brand seines Wohnwagens, nachdem die im Wohnwagen befindlichen Zelluloidblumen, die Djangos damalige Frau (Florine „Bella“ Mayer) am folgenden Tag verkaufen wollte, Feuer gefangen hatten. Djangos rechtes Bein war gelähmt und seine linke Hand wurde stark verbrannt; daneben erlitt er am Körper schwere Verbrennungen. Die Ärzte hatten vor, das Bein zu amputieren, doch Reinhardt erholte sich von den Verletzungen. In den folgenden anderthalb Jahren der Rehabilitation entwickelte Django Reinhardt eine neue virtuose Spieltechnik, bei der er für das Spielen der Melodie lediglich Zeige- und Mittelfinger einsetzte. Für Akkorde konnte er in beschränktem Maße den Ringfinger und kleinen Finger zu Hilfe nehmen, deshalb benutzte er ausgiebig den Daumen. Die Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahmen waren im Frühjahr 1930 abgeschlossen. Die Beziehung zu seiner Frau scheiterte.[5]
„Honeysuckle Rose“ – Pariser Session 1937 von Django Reinhardt, Stéphane Grappelli, Coleman Hawkins, Alix Combelle und Benny Carter
Anfang der 1930er Jahre spielte Reinhardt im Orchester des Violinisten Michel Warlop und trat in Pariser Cafés auf; er nahm mit diesem, aber auch mit Louis Vola, Jean Sablon, André Ekyan, dem Akkordeonspieler Vetese Guerino und der Sängerin Germaine Sablon auf. 1934 entdeckten ihn Pierre Nourry und Charles Delaunay für den Hot Club de France. Diese hatten die Idee, ein nur von Saiteninstrumentalisten besetztes Ensemble zusammenzustellen, angeblich stellten sie Reinhardt dem Violinisten Stéphane Grappelli vor. Nach Proben im Hotel Claridge wurde das legendäre Quintette du Hot Club de France gegründet, in dem neben Reinhardt und Grappelli die Rhythmusgitarristen Joseph „Nin-Nin“ Reinhardt (Djangos Bruder) und Roger Chaput sowie als Bassist Louis Vola mitwirkten, in dessen Orchester die Musiker bis dahin regulär spielten.[6]
Dieses Quintett wurde ein Sensationserfolg und blieb – bis auf eine Umbesetzung (Roger Chaput wurde durch Pierre „Baro“ Ferret ersetzt)[Anm. 2] – in seiner ursprünglichen Form bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 bestehen, wo die Formation in London gastierte.[7] Während Grappelli bis Kriegsende in London blieb, spielte Django Reinhardt in Paris in den folgenden Jahren mit wechselnden Besetzungen in einem geänderten Quintett-Format: Sologitarre (Reinhardt), eine Rhythmusgitarre, Klarinette anstelle der Geige, Bass und Schlagzeug (sowie teilweise Klavier); Klarinette spielte Hubert Rostaing, gelegentlich auch Alix Combelle, André Lluis und ab 1943 Gérard Lévêque.[8] Im Frühjahr 1942 konnte er in Belgien einige Aufnahmen, u. a. mit den Orchestern Fud Candrix und Stan Brenders für das Label Rhythme einspielen.
1943 versuchte Django Reinhardt in die Schweiz zu gelangen, wurde aber an der Grenze zurückgewiesen. Nach Paris zurückgekehrt, bewahrten ihn seine Berühmtheit und die Beliebtheit seiner Musik bei der französischen Bevölkerung (und auch bei einigen Besatzungsoffizieren, etwa Dietrich Schulz-Köhn) davor, wie viele seiner Verwandten als Zigeuner verfolgt und in einem Konzentrationslager umgebracht zu werden. Bis zum Ende des Krieges blieb er unbehelligt in Paris, hielt sich aber bedeckt und mied die Öffentlichkeit in der Hauptstadt, wie Schulz-Köhn berichtete.[9]
Ins Jahr 1944 fällt die Aufnahme einer von Django Reinhardt komponierten Zigeunermesse, die sein damaliger Klarinettist Gérard Lévêque zu Papier brachte. Die auf einer Kirchenorgel durch Léo Chauliac eingespielte Messe wurde aber erst weit später veröffentlicht. Lévêque notierte auch eine sinfonische Komposition Reinhardts. Laut Charles Delaunay enthielt diese Sinfonie teilweise so gewagte Harmonien, dass sie für den Dirigenten Jo Bouillon Probleme aufwarf. Die Partitur ging verschollen; einige Kompositionen daraus wurden im Jazzkontext verwendet, insbesondere das bekannte Manoir de mes rêves.[10]
Reinhardt und Duke Ellington im November 1946.
Reinhardt mit Musikern des Duke Ellington Orchestra: Al Sears, Shelton Hemphill, Junior Raglin, Reinhardt, Lawrence Brown, Harry Carney, Johnny Hodges im New Yorker Jazzclub Aquarium, ca. November 1946.
Im Januar 1945 war Django Reinhardt mit den Glenn Miller All Stars im Plattenstudio; von Oktober bis Dezember 1945 nahm er mit der amerikanischen Air Transport Command Band unter der Leitung von Sgt. Jack Platt (Arrangements: Lonnie Wilfong) eine Reihe von Stücken auf, darunter Djangology und den Uptown Blues. Bei diesen Aufnahmen handelte es sich um Live-Mitschnitte für den AFN, die später auf Platte veröffentlicht wurden.
1946 trat Django Reinhardt auf einer Tournee[11] in den Vereinigten Staaten mit dem Duke Ellington Orchestra auf.[Anm. 3] Von dem Auftritt am 20. November im Civic Opera House in Chicago sind vier Aufnahmen[12] erhalten, die als The Great Concerts: Duke Ellington: Chicago 1946 auf Doppel-CD veröffentlicht wurden.
Ab 1947 spielte Django Reinhardt hauptsächlich elektrisch verstärkte Gitarre, wobei die Melodielinien z. T. deutlich bop-orientierter wurden. 1947 nahm er – mit akustischer Gitarre – auch wieder mit Stéphane Grappelli eine Reihe von Titeln auf (u. a. How High the Moon). Neben einer Reihe von Sessions mit elektrisch verstärkter Gitarre – u. a. für Eddie Barclays Label Blue Star – wäre die herausragende Aufnahmesitzung von Djangos Big Band Django’s Music vom 16. April 1947 zu nennen. Während der Minor Blues in voller Big-Band-Besetzung aufgenommen wurde, nahm ein aus Mitgliedern der Big Band bestehendes Sextett (Django Reinhardt, Sologitarre; Michel de Villers, Altsaxophon und Klarinette; Eddie Bernard, Klavier; Joseph Reinhardt, Rhythmusgitarre; Willy Lockwood, Bass; Al Craig, Schlagzeug) vier Titel (Peche A La Mouche, Clair De Lune, Lentement, Mademoiselle und Melodie Au Crepuscule) auf, von denen diejenigen mit Klarinette herausragen.
Einige der Highlights von Django Reinhardts Aufnahmen mit elektrisch verstärkter Gitarre wurden 1947 in den Pariser RTF-Studios[13] aufgenommen. Erwähnenswert sind die Sessions vom 22. September[14] und 13. November[15] 1947.
Im Dezember 1948 wurde ein Konzert des Quintetts im Théâtre des Galeries in Brüssel mit Hilfe eines von Django Reinhardt gekauften Tonbandgeräts mitgeschnitten. Die Besetzung: Django Reinhardt (Sologitarre), Hubert Rostaing (Klarinette), Henri „Lousson“ Baumgartner, Djangos Sohn aus erster Ehe (Rhythmusgitarre), Louis Vola (Bass) und Arthur Motta (Schlagzeug).
Im Januar/Februar 1949 nahmen Reinhardt und Grappelli in Rom mit einer dreiköpfigen Rhythmusgruppe (Gianni Safred, Klavier; Carlo Pecori, Bass; Aurelio de Carolis, Schlagzeug) insgesamt 67 Titel auf, von denen einige zum Besten gehören, was Django Reinhardt aufgenommen hat (Troublant Boléro, Nagasaki, Vous qui passez sans me voir). Laut Delaunay war Django mit der italienischen Rhythmusgruppe nicht sehr zufrieden, die nicht den Drive des alten Quintetts von 1934 bis 1939 hatte, ihre Aufgabe aber doch effektiv bewältigte.
1950 folgte ein zweiter Rom-Aufenthalt. Diesmal wurde Reinhardt von André Ekyan (Altsaxophon, Klarinette) sowie Ralph Schécroun (Klavier), Alf Masselier (Bass) und Roger Paraboschi (Schlagzeug) begleitet. Die Gruppe nahm insgesamt 30 Titel auf.
Gedenktafel für Django Reinhardt in Samois-sur-Seine
1951 zog Django Reinhardt in das bei Fontainebleau gelegene Samois-sur-Seine. Im Februar desselben Jahres trat er mit einer neuen Band im Pariser Club St. Germain-des-Prés auf, die aus Bebop-beeinflussten jungen Musikern wie den Brüdern Hubert (Altsaxophon) und Raymond Fol (Klavier), Bernard Hullin (Trompete), Pierre Michelot (Bass) und Pierre Lemarchand (Schlagzeug) bestand. Wenn er nicht mit dieser Band spielte, widmete Django Reinhardt sich nun größtenteils der Familie, Freunden, der Malerei, dem Angeln und dem Billardspielen.
1951 war auch das Jahr, in dem er anlässlich einer Übertragung von Radio Luxemburg mit dem l’Orchestre (Symphonique) National unter der Leitung von Wal-Berg (eigentlich: Voldemar Rosenberg) auftrat (das eingespielte Stück war Django Reinhardts eigener Troublant Boléro,[16] das Orchesterarrangement stammte von Wal-Berg). Danach nahm Django Reinhardt nur noch sporadisch auf, die letzte Session datiert vom 8. April 1953.
Am 15. Mai 1953 erlitt er im Café Auberge de l’Ile in Samois einen Schlaganfall. Er wurde umgehend ins Hospital von Fontainebleau gebracht, konnte jedoch nicht mehr gerettet werden. Django Reinhardt wurde in Samois beigesetzt.
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